Interaktive Spiele auf Smartphone, Computer oder Konsole sind weltweit ein riesiger Markt, deren wirtschaftliche Bedeutung in den letzten Jahren extrem zugenommen hat – wie kann man heute in die Gamesbranche einsteigen? Und wer entwickelt alle diese Spiele eigentlich? Wir haben Dr. Johannes Mattmann, Gründer des Mainzer Spieleentwicklers Andarion Games auf der gamescom, der größten Messe für Computer- und Videospiele, kennengelernt und eine Kooperation mit ihm geschlossen. Jeden Monat werden wir euch an seiner Arbeit und seinem Wirken als Spieleentwickler teilhaben lassen und einen Einblick in diese ganz eigene Welt zeigen, Antworten geben.

Herr Mattmann, können Sie sich unseren Lesern kurz vorstellen?

JM: Sehr gerne. Ich habe Physik in Mainz studiert und dann eine Promotion in Teilchenphysik angehängt. Danach gehen die meisten in Unternehmensberatungen, die IT oder den Finanzbereich. Bei mir ist es IT geworden. Ich hatte allerdings schon immer ein Interesse am Gründen. Andarion Games ist jetzt schon mein zweites Unternehmen.

Ist das nicht ungewöhnlich – als Physiker in die Gamesbranche einzusteigen?

JM: Als ich angefangen habe zu studieren, gab es noch praktisch keine Games-Studiengänge. Das Thema hat mich damals bereits interessiert, aber ich wusste, dass man mit Physik auch in die Softwareentwicklung einsteigen kann. Und mein Interesse an Physik war schon immer sehr groß. In meinem ersten Start-Up flyingshapes haben wir bereits Software entwickelt und viel Gaming-Technologie benutzt. Daher war sowohl unternehmerisch als auch technisch der Einstieg für mich einfacher. Dazu kommt, dass Rheinland-Pfalz seit kurzem eine Gamesförderung anbietet, die u.a. Stipendien für Quereinsteiger wie mich umfasst. Glücklicherweise konnte ich mit meinem Konzept die Vergabejury überzeugen, sodass ich jetzt auf diesem Weg meine Lebenshaltungskosten zum Teil finanzieren kann.

Was ist Ihre Vision für Andarion Games? Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in fünf Jahren?

JM: Ich sehe Andarion Games als Start-Ip, das heißt, ich möchte gerne skalieren. Mein Ziel ist, ein mittelständisches Games-Unternehmen aufzubauen, das auch große Titel umsetzen kann – ob das in fünf Jahren möglich ist, ist natürlich schwer vorherzusagen. Aktuell stelle ich das Geschäftsmodell etwas um, da der Online-Werbemarkt sich dieses Jahr deutlich verschlechtert hat. Ich setze daher gerade vor allem auf kleine Bezahl-Spiele. Dieses Jahr ist unser Lernspiel “Einmaleinsjagd” in den deutsch- und englischsprachigen Ländern erschienen und wird demnächst ein großes Update bekommen. Damit unterstützen wir Grundschüler beim Einmaleins-Lernen – sicherlich eine große Hilfe für Eltern, die auch mal guten Gewissens ihr Tablet an die Kinder weitergeben möchten. Und demnächst kommt mein Spiel CtrlC auf den Markt, das ein reines Unterhaltungsspiel aus der Retro-Geschicklichkeits-Ecke ist.

Falls unsere Leser Interesse haben, sich selbst mit dem Thema Games-Entwicklung zu beschäftigen – Was können Sie empfehlen?

JM: Man muss heute definitiv nicht Informatik studieren, um Spiele zu entwickeln. Einstiege in die Branche gibt es auch auf ganz unterschiedliche Wege. Da würde ich ein Studium oder eine Ausbildung erst einmal nach Interesse wählen. Wer sein eigenes Spiel entwickeln möchte, hat heute auch viele Möglichkeiten, je nach Programmiererfahrung und Genre. Künstler (Artists) oder Leute, die sich Spielkonzepte und Regeln ausdenken (Game Designer), sind oft eher Programmier-Einsteiger. Für sie ist wahrscheinlich RPG Maker, Gamemaker Studio oder auch Construct eine gute Wahl. Da viele Konzepte universell sind, verbaut man sich da nichts. Wer tiefer einsteigen möchte, kann heute professionelle Engines wie Unreal, Unity oder die Cry Engine erstmal kostenlos nutzen. Erst beim Verkauf der fertigen Produkte fallen dann Lizenzgebühren an. Mit diesen drei Produkten werden sogenannte AAA-Titel entwickelt, d.h. aktuelle Spiele mit höchsten Ansprüchen. Das sind also absolute Profi-Werkzeuge. Mit Youtube-Tutorials und Web-Foren kann man sich das aber auch in Grundzügen selbst beibringen. Dazwischen gibt es Tools wie processing oder Godot, die komplett kostenfrei sind und durch ihre große Community auch einen guten Einstieg erlauben. Einmaleinsjagd ist beispielsweise in Godot entwickelt. Wenn man sich mit Gleichgesinnten vernetzen möchte, kann ich Game Jams wie den Global Game Jam oder lokale Meetups empfehlen.

Vielen Dank für die Einblicke, wir freuen uns, dass wir Sie ein wenig auf Ihrem Weg begleiten und hinter die Kulissen schauen dürfen.

Hier geht´s zum Lern-Spiel Einmaleinsjagd: https://www.einmaleinsjagd.de

Hier könnt ihr mehr über Andarion Games erfahren und euch das Video zum Spiel direkt anschauen!