Dr. Johannes Mattmann, Spieleentwickler beim Start up Andarion Games aus Mainz hat uns verraten, wie man sich die Finanzierung eines Games vorstellen kann und ob ihr dafür wirklich einen Kredit bei einer Bank aufnehmen solltet – oder dies eher keine gute Idee ist.
Neu gegründete Spieleunternehmen oder Spieleprojekte von bestehenden Unternehmen können sich auf viele Wege finanzieren. Ein Bankkredit ist aber eher keine Option – und das ist auch sinnvoll. Letzten Endes sind die Erlöse von Computer- und Videospielen stark abhängig davon, wie gut man den Geschmack möglichst vieler Spieler trifft. Wie der genau aussieht, ist aber sehr schwer vorher zu wissen. Natürlich kann man Tests mit einzelnen Vertretern der Zielgruppe durchführen, aber Gameentwicklung bleibt ein schwer planbares Geschäft.
Welcher Weg für welches Unternehmen und Produkt passt, ist sehr individuell.
“Ich setze mit Andarion Games vorrangig auf sogenanntes Bootstrapping, also das Wachstum durch eigene Umsätze. Zusätzlich habe ich ein Stipendium der Rheinland-Pfälzischen Medienförderung bekommen, das über ein Jahr lang ein super hilfreicher Zuschuss beim Aufbau meines Unternehmens ist”, so erklärt Herr Dr. Mattmann vom Mainzer Games-Startup Andarion Games seine Herangehensweise.
Häufig werden beim Bootstrapping in der Anfangsphase Auftragsarbeiten für andere Unternehmen angeboten, um vor den ersten Verkaufserlösen das Überleben des Unternehmens zu sichern. Der Übergang zu Teams, die beispielsweise nach dem Abschluss ihres Studiums bei noch geringen Lebenshaltungskosten einen günstigen Lebensstandard beibehalten und durch Nebenjobs oder elterliche Unterstützung ihre Firmengründung vorantreiben, ist in diesem Fall fließend. Oft gibt es an Hochschulen mit Games-Studiengängen die Möglichkeit, vergünstigte Büroräume in sogenannten Inkubatoren zu nutzen, auch dies ist eine Form der (Games-)Gründungsförderung. Bundes- und Rheinland-Pfälzische Landesförderung erlauben mit projektbezogener und als Stipendium ausgestalteter Unterstützung die Finanzierung von Vorhaben, die sonst nicht umsetzbar wären.
“Einen sehr beeindruckenden Fall im Bereich Bootstrapping haben wir in der deutschen Games-Branche in den Jahren 2016 bis 2021 mit Kolibri Games aus Karlsruhe gesehen” erklärt Herr Mattmann, “dieses Startup aus dem Mobile-Games-Bereich hat es ohne Investoren geschafft, ein international relevantes Entwicklungsunternehmen aufzubauen, das schließlich für einen dreistelligen Millionenbetrag an Ubisoft verkauft wurde. Das ist allerdings natürlich eine absolute Ausnahme, aber natürlich auch ein leuchtendes Beispiel für ambitionierte Gründer.”
Von solchen Erfolgsmeldungen ist der Weg zur Risikokapitalfinanzierung nicht weit, wie sie von Startups häufig genutzt wird. Hierbei sind die Geldgeber sogenannte Business Angels oder Venture Capital-Fonds. Dieses Modell ist einem breiten Publikum durch TV-Formate wie “Die Höhle der Löwen” bekannt geworden und erlaubt eine Risikoverteilung zwischen Gründern und Investoren. Ist die Gründung nicht erfolgreich, haben zwar Gründer und Investoren Zeit und Geld verloren, aber die Gründer sind nicht bis über beide Ohren verschuldet wie bei einem klassischen Kredit. So können sie das Gelernte eher in einer neuen Gründung nutzen, um im zweiten Anlauf erfolgreich zu werden. Wichtig ist für diese Finanzierungsoption, dass das Unternehmen ein Produkt entwickelt, das im Erfolgsfall eine sehr überdurchschnittliche Rendite erwarten lässt. Das bedeutet zum Beispiel, dass das Spiel eine breite Zielgruppe anspricht und erreichen kann.
Den eher klassischen Weg beschreiten Indie-Studios, wenn sie mit einem Publisher zusammenarbeiten, der eine ähnliche Rolle übernimmt. Dazu erstellen Studios mit eigenen Mitteln ein sogenanntes “Vertical Slice” des geplanten Spiels und stellen dieses Publishern, also Spieleverlagen, vor. Kommt es zu einer Zusammenarbeit, kann der Publisher die Kosten der Entwicklung und Vermarktung übernehmen und erhält dafür einen signifikanten Anteil der Verkaufserlöse. Der Publisher hat hier den Vorteil der Investoren: Er unterstützt einige Projekte parallel und kann daher davon ausgehen, dass einzelne Spiele so erfolgreich sein werden, dass Verluste der anderen Projekte aufgefangen werden können.
Wenn man als Gründer die Dinge lieber selbst in die Hand nimmt und nicht davor zurückschreckt, den (digitalen) Vertrieb und das Marketing selbst zu stemmen, ist auch Crowdfunding eine gern gewählte Option. Dabei wird das Spiel auf Online-Plattformen wie Kickstarter, Indiegogo oder Startnext präsentiert und Fans können die Entwicklung finanzieren, indem sie das Spiel bereits vorab kaufen. Meist sind spezielle Goodies hier eine zusätzliche Kaufmotivation. Entweder werden Bonusinhalte beigelegt oder sogar Einfluss auf die Entwicklung genommen. So kann der Fan bei einem größeren finanziellen Beitrag beispielsweise Namensgeber von Charakteren im Spiel oder Ideengeber für Levels werden und wird in den Credits als Unterstützer verewigt.
“Egal für welchen Weg sich angehende Gründer entscheiden: Ich drücke jedem die Daumen, der sich auf diesen Weg macht! Und ganz wichtig: Vor lauter Liebe zu den Games nicht das Geldverdienen vergessen” – diesen Rat gibt Herr Mattmann angehenden Gründern mit.
Bild: So sieht das Pitch zum Spiel “Save the City” aus, das ihr euch hier herunterladen könnt.