,, Wenn ich unsere Verurteilungsstatistik ansehe, ist das Land eigentlich nicht unsicherer geworden, sondern im Gegenteil: sicherer.

Wir haben Justizminister von Rheinland-Pfalz Herbert Mertin getroffen und uns mit ihm unter anderem über seine Funktion als Minister, die aktuelle Personalnot, und die Fragen nach strengeren Gesetzen und der Sicherheit unseres Landes unterhalten.

Braucht man als Minister zwangsläufig besondere Voraussetzungen, sprich sollte man eine gewisse Fachkunde auf seinem Gebiet mitbringen?

Es schadet nicht, wenn ein Minister der Justiz Ahnung von der Materie hat. Die Vermerke sind dann leichter verständlich, er findet schneller in die Themen hinein, aber vom Gesetz her ist das nicht vorgesehen.

Wir haben ja gerade das Problem, dass der Schrei im Vordergrund steht, wir bräuchten neue strengere Gesetze grade bei Straftaten von Flüchtlingen. Siehst du das genauso?

Nein, ich glaube nicht. Wir haben eigentlich Strafvorschriften, die eine große Bandbreite zulassen. Und dann muss man eben sehen, wie war die Sache im Einzelfall und das ist eben etwas der Richter im Einzelfall zu entscheiden hat. Man kann sicher an der ein oder anderen Stelle Fehlentwicklungen korrigieren, aber den Grundsatz würde ich nicht antasten wollen. Wir haben für ziemlich alles hinreichend Verfahrensvorschriften und Tatbestände, die Dinge unter Strafe stellen, und da kann ich auch nicht feststellen, dass wir jetzt Nachholbedarf haben. Im Großen und Ganzen funktioniert´s.

Du hast ja jetzt auch nochmal aktuell die Änderung der Strafprozessordnung angeregt. Was genau steckt dahinter und wieso ist diese so wichtig?

Ja, nicht alles gefällt den Verteidigern. Wir haben natürlich schon bestimmte Verfahrenstypen, die die Justiz vor eine besondere Herausforderung stellen. Also wenn man sich das NSU Verfahren in München anschaut, mit einigen wenigen Angeklagten, aber vergleichsweise vielen Nebenklägern. Das verzögert so ein Verfahren, zieht´s sehr in die Länge und dann stellt sich die Frage ob bei gleichgelagerten Interessen jeder für sich eine Nebenklage erheben sollte. Wir haben uns ein bisschen orientiert an diesem Fall in Norwegen wo der eine Täter ja an drei verschiedenen Standorten sehr viele Menschen getötet hat. Und dort hatten sie sich dahingehend verständigt, dass die Angehörigen eines jeden Tatorts jeweils einen Anwalt zur Vertretung genommen haben – und das hat die Sache ungeheuer beschleunigt ohne dass dadurch der Rechtschutz für die Beteiligten damit verkürzt worden ist. Solche Sachen sieht die Strafprozessordnung bei uns nicht vor..Ein weiteres Problem ist die Justiz ist weiblicher geworden. Wir haben sehr viele Richterinnen und Staatsanwältinnen, das ist auch gut so! Nur die Strafprozessordnung trägt dem keine Rechnung. Die längste Unterbrechungsfrist in einer Krankheut kommt nicht zur Anwendung, wenn die Richterin schwanger ist, weil Schwangerschaft keine Krankheit ist. Und insofern müssen diese Fristen aus meiner Sicht mit dem Mutterschutzgesetz in Übereinstimmung gebracht werden.

Und zu guter Letzt. Wie sicher ist unser Bundesland Rheinland-Pfalz? Wie viele Straftaten werden im Durchschnitt ausgeübt, und welche Straftaten liegen am häufigsten vor?

Es gibt die Polizeistatistik und es gibt unsere Verurteilungsstatistik. Die sind nicht immer deckungsgleich und nicht vergleichbar.  Wenn ich unsere Verurteilungsstatistik ansehe, ist das Land eigentlich nicht unsicherer geworden, sondern im Gegenteil: sicherer. Wir haben einen Rückgang an Verurteilungen, auch schwerer Delikte. Es ist also keineswegs so, wie man manchmal den Eindruck hat – auch aufgrund von immer wiederholter Berichterstattung einzelner Fälle, als ob es deutlich zunehmen würde. (…) Die Hitliste führt aktuell an, anders als früher in meiner ersten Amtszeit (da waren es noch die Straßenverkehrsdelikte,) der Betrug.











Vielen Dank Herbert Mertin, vielen Dank Josef Obst, der das Interview in unserem Auftrag führte.