„Es ist schwer zu beurteilen, weil wir nur die Nachrichten bekommen, die wir bekommen sollen.“

https://youtu.be/hJTyE5Cuavw

Kabarettist und Moderator Wolfgang Trepper hat mit uns im Rahmen der Fly & Help Spendengala in Bonn vor allem über seine Arbeit, aber auch über das geredet, was ihn momentan bewegt. Das komplette Video-Interview könnt ihr euch auch digital in unserem e-Paper, online auf www.magazin-next.de/category/videos-serien oder auf unseren sozialen Kanälen anschauen.

Wie kommt man eigentlich vom hauptberuflichen Handball-Manager zum Comedian?

Der Weg ist ungewöhnlich – aber logisch. Ich hatte viel mit Handball zu tun. Eine Frau aus dem Radio mochte die Art der Interviews, die mit mir gemacht wurden. Sie hat gesagt: „Wenn Sie mal keine Lust mehr am Handball haben, kommen Sie zu mir, ich nehme Sie sofort – ich meine das beruflich.“ Daraufhin habe ich mich dort gemeldet, und habe beim Kleinen angefangen und alles gelernt, was Radio angeht. Wirklich! Ich war der älteste Volontär in ganz Nordrhein-Westfahlen – bis heute! Überall war ich immer der Älteste. Aber ich wollte es richtig lernen. Das habe ich dann auch gemacht und hatte zwölf glückliche Berufsjahre, bis ich angefangen habe, Comedy-Sachen zu machen. Irgendwann hat mich ein damaliger Chef während eines Festes auf die Bühne geschubst und meinte: „Das machen Sie. Sie ersetzen die fehlende Nummer.“ Ich habe gesagt, ich würde das nicht machen. So ging das hin und her. Irgendwann kam er mit dem Argument: „Ich bin ihr Chef, Sie machen das jetzt.“  Solche Aufträge wurden immer mehr und mehr, und dann musste ich mich entscheiden: Radio oder Bühne. Beides ging nicht mehr. Und ich war verrückt genug, um meine Festanstellung bei der Funke-Medien-Gruppe – mit Rentenansprüchen – selbst zu kündigen. Keiner konnte das glauben. Und dann bin ich auf die Bühne gegangen. Das ist zwanzig Jahr her.

Ich springe noch mal in die Radiozeit. Was war „Streichzart“ für ein Format?

Das war ein Comedy-Format. Eine so freche Radiosendung würde heute kein Sender der Welt mehr durchwinken. Die war politisch mehr als inkorrekt und mit den Hörern, die angerufen haben, wurde so umgesprungen, dass man eigentlich ununterbrochen Entschuldigungskarten hätte verteilen müssen. Aber es war die meistgehörte Sendung am Sonntag in ganz Nordrhein-Westfahlen, und ich habe sie mit Liebe, zusammen mit meinem Kollegen, moderiert. Das hat mir riesigen Spaß gemacht, und viele Sachen, die ich heute auf der Bühne mache, wurden in dieser Zeit geboren.

Wenn man schon über zwanzig Programme auf die Bühne gebracht hat, wo ist die Quelle für Inspiration?

Überall! Diese Woche habe ich entschieden, dass ich eine Nummer über Leute machen will, die einen im Hotel begrüßen. Ich möchte gerne wissen, was in deren Kopf vorgeht, wenn sie fragen: „Haben Sie gut zu uns gefunden?“ Soll ich dann Nein sagen? Ich stehe doch da. Und dann unterstellen die einem pausenlos, man wolle sich jetzt erstmal frischmachen. Ich will mich nicht frischmachen! Ich will jetzt ins Theater oder sonst wo hingehen! Die stellen dir Fragen und geben dir Informationen, die absolut schwachsinnig sind, zum Beispiel, ab wann es Frühstück gibt. Ich will wissen, bis wann! Ich stehe sowieso nicht um sechs Uhr auf! Viele Kolleginnen und Kollegen haben sich schon zu dem Thema ausgelassen, da muss man aufpassen, dass sich das nicht doppelt, aber ich glaube, das ist eine Quelle ewiger Freude für alle, die wie ich, zweihundert Tage im Jahr in Hotels schlafen.

Quelle ewiger Freude sind ja nicht unbedingt die Zeiten, in denen wir gerade leben. Es gibt auch viele komplizierte Themen. Was macht Ihnen persönlich richtige Sorgen?

Ich finde die Situation in unserem Land, dass die Preise so steigen, ohne dass wir wissen, wohin, sehr kompliziert. Ich habe Sorge, dass sich das wirklich irgendwann als sozialer Sprengstoff auswirkt, dass die Schere zwischen denen, die kaum bis wenig Geld haben, und denen, die oft nicht wissen, wohin damit, immer größer wird und irgendwann kippen kann. Zum einen ist meine Sorge, dass die radikalen Parteien irgendwann irgendeine charismatische Figur kriegen. Zum anderen die ganzen Sachen, die in der Welt passieren. Beim Ukraine-Krieg angefangen, bis hin zu den Unruhen im Iran. Es ist schwer, das zu beurteilen, weil wir nur die Nachrichten bekommen, die wir bekommen sollen, und zwar von allen Seiten. Ich hoffe, dass das alles in diesem Jahr zu Ende geht und irgendwann auch da die Vernunft wieder siegt – ohne bürgerkriegsähnliche Zustände. Politische Sachen beschäftigen mich sehr, aber auch das soziale Gefälle, das in diesem – unserem – Land immer größer wird. Und es scheint vollkommen egal zu sein, wer regiert.

Noch zu einem sehr schönen Thema des heutigen Abends: Erst haben sie die Menschen zum Lachen gebracht, hatten selbst Tränen vor Lachen im Gesicht. Dann aber Tränen der Rührung. Es muss ein ganz besonderer Moment für Sie gewesen sein, diesen Check zu übergeben …

Das stimmt. Da habe ich wirklich die ganze Woche dran gedacht, weswegen ich auch unbedingt hierherkommen wollte. Ich habe heute eine Veranstaltung extra eine Stunde vorverlegt – das Publikum hat das Gott sei Dank mitgemacht, und ich habe ihnen erklärt: Ich will hier hin, ich will diesen Check übergeben! Ich habe Rainer kennengelernt, zusammen haben wir eine Schule in Malawi, und dann haben wir gemerkt, dass es so schade ist, dass es keine weiterführende Schule im Umkreis von fünfundsiebzig Kilometern gibt. Das wollte ich unbedingt bis zum Ende des Jahres schaffen. In diesen schwierigen Zeiten war ich so glücklich, dass das gelungen ist. Ich hatte die Töchter von Rainer informiert und habe zu ihnen gesagt, dass sie ihn unbedingt in der Nähe der Bühne halten müssen, damit ich ihm das Geld in die Hand drücken kann. Ich bin mit mir selbst zufrieden, dass das geklappt hat. Vor allem, dass ich jetzt weiß: Dort in Malawi sind sechshundertfünfzig bis siebenhundert Kinder, die eine Chance auf Bildung haben – das Wichtigste, was es gibt.

Wir danken Wolfgang Trepper und Johannis Fischer, der das Interview in unserem Auftrag führte.

Neugierig geworden? Das komplette Video-Interview könnt ihr euch auf www.magazin-next.de/category/videos-serien oder auf unseren sozialen Kanälen anschauen.