Die bedeutendste Reform der EU-Umsatzsteuer-Regelungen, die ab dem 1.7.2021 in Kraft tritt, bringt für Onlinehändler nicht nur Erleichterungen, sondern birgt auch viele Fallstricke für den Auslandsversand, die es sich zu kennen lohnt.

Ab dem 1.7.2021 müssen Lieferungen zukünftig in das EU-Ausland (fast) immer dort versteuert werden. Der One Stop Shop – eine Plattform des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) – soll dann vieles in Bezug auf die Umsatzsteuer im Onlinehandel vereinfachen. Umsatzsteuererklärungen bei Steuerpflicht im Ausland können dann im Sitzstaat über den One Stop Shop gemeldet werden.

Die Nutzung des One Stop Shop Verfahrens wird jedoch nur für bestimmte Transaktionsarten möglich sein. Händler, die z.B. am Pan EU Programm von Amazon teilnehmen oder andere grenzüberschreitende Fulfillmentsysteme nutzen, werden zusätzliche Lösungen benötigen.

Weshalb eine Reform notwendig ist

Das Umsatzsteuerrecht der Europäischen Union (EU) ist noch weitgehend auf dem Stand des Jahres 1993 und mit der rasant fortschreitenden Entwicklung des Onlinehandels nicht mehr kompatibel. Um den digitalen Binnenmarkt von Barrieren zu befreien, einigten sich alle Mitgliedstaaten der EU bereits Ende 2017 darauf, das Umsatzsteuer E-Commerce Package – mit dem sogenannten One Stop Shop als zentralem Element – in nationales Recht umzuwandeln. Die Umsetzung sollte eigentlich zum 1.1.2021 erfolgen. Da viele Mitgliedstaaten jedoch Probleme hatten, die technologische Plattform für den One Stop Shop bereitzustellen, wurde der Stichtag vom 1.1.2021 auf den 1.7.2021 verschoben.

Was die Reform bezweckt

Damit sich kleine und mittlere Unternehmen nicht in jedem EU-Staat, in den sie Ware senden, ab dem ersten Euro umsatzsteuerlich registrieren müssen, wurden bereits im Jahr 1993 sogenannte Lieferschwellen eingeführt. Bis zu dieser Grenze dürfen Onlinehändler ihre grenzüberschreitenden Lieferungen innerhalb der EU weiterhin bei ihrem Heimatfinanzamt versteuern. Der Wert der Lieferschwelle soll dabei grundsätzlich 100.000 Euro betragen. Die Möglichkeit den Betrag auf 35.000 Euro absenken, haben fast alle Mitgliedstaaten genutzt. Es gibt nur noch drei Staaten, die eine Lieferschwelle von 100.000 Euro haben: Deutschland, Niederlande und Luxemburg.

Die Lieferung, dir zur Lieferschwelle geführt hat, muss im Bestimmungsland – also dem Land, in dem der Empfänger sitzt – versteuert werden. Dabei ist der dort geltende Umsatzsteuersatz zu berücksichtigen. Darüber hinaus muss sich beim zuständigen Finanzamt des Bestimmungslands angemeldet werden, um sich dort steuerlich erfassen zu lassen. Anschließend müssen laufend Umsatzsteuer-Anmeldungen abgegeben und die Umsatzsteuer für die genannten Umsätze im Ausland abgeführt werden.

Die zweite Stufe des Umsatzsteuer E-Commerce Package, die alle EU-Staaten zum 1. Juli 2021 in nationales Recht umsetzen müssen, sieht den Wegfall aller nationalen Lieferschwellen vor. An deren Stelle tritt eine einzige EU-weite Lieferschwelle in Höhe von 10.000 Euro netto in Kraft.

Was verbirgt sich hinter dem „One Stop Shop“?

Der One Stop Shop ist eine Plattform, die in Deutschland vom Bundeszentralamt für Steuern entwickelt wird und als einzige Anlaufstelle eine zentrale Umsatzsteuer-Compliance im Sitzstaat gewährleisten soll. Onlinehändler, die aufgrund ihrer grenzüberschreitenden B2C-Verkäufe zukünftig in anderen EU-Staaten steuerpflichtig werden, können ihre Umsätze über den One Stop Stop melden und dort ebenfalls die Begleichung ihrer Umsatzsteuerschuld vornehmen. Das Bundeszentralamt für Steuern wird die gemeldeten Umsätze und auch die vereinnahmte Umsatzsteuer im Anschluss an die jeweiligen EU-Staaten verteilen. Das ermöglicht es den Unternehmern sich nicht in jedem einzelnen EU-Staat lokal steuerlich erfassen lassen zu müssen.

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