Kommt die Viertagewoche Woche auch nach Deutschland?

Vier Tage arbeiten – bei vollem Gehalt. Experten wollen jetzt auch in Deutschland in einer Feldstudie erforschen, ob das auch bei uns funktioniert was in anderen Ländern schon lange gang und gäbe ist.

Pilotmodell startet 2024

Die Beratungsagentur Intraprenör koordiniert das Projekt in Deutschland, das 50 Unternehmern verschiedener Branchen aus ganz Deutschland das Arbeitszeitmodell vom 1. Februar an testen lassen will: Sechs Monate lang werden sie die Arbeitszeit bei gleichem Gehalt auf vier Tage reduzieren. Anschließend folgt, so heißt es, eine wissenschaftliche Auswertung durch die Universität Münster. Arbeitgeber können sich für diese Pilotstudie, die von der Initiative 4 Day Week Global begleitet wird, bewerben. Im Beirat werden Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaft IG Metall, des Arbeitgeberverbands BDA und des Zentralverbands des Deutschen Handwerk sitzen. Das Pilotprojekt setzt explizit auf eine Viertagewoche, bei der die Arbeitszeit reduziert wird, Gehalt und angestrebte Leistung aber gleich bleiben sollen. Es gibt auch andere ähnliche Modelle, die weniger Arbeitszeit an weniger Lohn knüpfen. Fernser versuchen sich einige kleinere Unternehmen in einem Konzept, in dem an vier Tagen etwas mehr gearbeitet wird, um dann am fünften Tag die Mehrstunden der Vortage durch Freizeit ausgeglichen wird. Am meisten diskutiert wird aber natürlich über die Variante, bei der die Reduzierung der Arbeitszeit bei gleichem Lohn stattfindet. Diese strebt auch die IG Metall an, wenn sie bei ihren Forderungen für die nächsten Tarifverhandlungen in der Eisen- und Stahlindustrie eine Viertagewoche fordert. Die Idee dahinter ist: Wer nur an vier Tagen in der Woche arbeiten muss, ist konzentrierter und motivierter bei der Sache – und erfüllt seine Vorgaben auch in der geringeren Zeit noch erfolgreich.

Große Zustimmung bei Arbeitnehmern

Eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass die Viertagewoche bei Arbeitnehmern eine beliebte Vorstellung ist – zumindest in der Kombination mit dem gleichen Lohn. In der Befragung gaben rund 73 Prozent an, dass sie sich eine Viertagewoche mit entsprechend kürzerer Arbeitszeit wünschen. Rund 8 Prozent tun das auch mit weniger Lohn. 17 Prozent lehnten die Viertagewoche ab. Sie gaben als Grund vor allem an, dass sie Spaß an der Arbeit haben (86 Prozent) und über 80 % zeigten sich skeptisch, dass eine Arbeitszeitverkürzung etwas an den Arbeitsabläufen ändern würde. Rund 77 Prozent befürchten, dass sie die Arbeit dann nicht mehr schaffen würden.

Erfolgreicher Test in Großbritannien

Nach dem Viertagewoche-Projekt in Großbritannien, das ähnlich aufgebaut war wie das für Deutschland geplant ist, zogen die meisten der teilnehmenden Unternehmen tatsächlich ein sehr positives Fazit: 56 von 61 Arbeitgebern teilten mit, dass sie die Viertagewoche beibehalten wollen. Die Krankheitstage gingen demnach während des Testzeitraums um rund zwei Drittel zurück und die Zahl der Angestellten, die in dieser Zeit das Unternehmen verließen, fiel um mehr als die Hälfte. Durchschnittlich stieg der Umsatz der beteiligten Unternehmen der Analyse zufolge, die Forscher aus Boston und Cambridge durchführten, während der Testphase um 1,4 Prozent. Die Ergebnisse beruhen allerdings auf der Auswertung von Unternehmen, die sich freiwillig zur Teilnahme gemeldet hatten. Diese stammten sowohl aus der IT- und Bau -sowie der Finanzbranche als auch der Gastronomie und dem Gesundheitswesen. Einige Betriebe führten flächendeckend ein dreitägiges Wochenende ein, während andere den freien Tag der Angestellten über die Woche staffelten oder an Ziele koppelten.

Vorzeigemodelle

Dabei ist die Diskussion um eine Viertagewoche gar nicht neu. Bereits 1993 hatte Volkswagen diese wegen einer Absatzkrise beschlossen. Die Arbeitszeit in den Werken betrug ab 1994 nur 28,8 Stunden statt zuvor 36. Massenentlassungen konnten damals auf diese Weise verhindert werden. Die Angestellten bekamen zehn Prozent weniger Lohn bei 20 Prozent weniger Arbeit. Im Jahr 2006 schaffte VW das Modell dann aber ab und passte die Arbeitszeit wieder nach oben an. Dabei zeigen unsere Nachbarländer, dass das Modell funktionieren kann: In Belgien ist die Viertagewoche seit Ende 2022 gesetzlich verankert. Hier können Angestellte ihre wöchentliche Arbeitszeit auch an vier Tagen absolvieren, alternativ kann gegen Gehaltsabzug die Stundenzahl verringert werden. Island führte bereits seit 2015 Pilotprojekte samt Studien durch, bei dem die Arbeitszeit reduziert wurde. Mittlerweile haben dort laut euronews rund 90 Prozent der Erwerbstätigen reduzierte Arbeitszeiten oder andere Anpassungen. Neben Großbritannien laufen Modellprojekte auch in Australien und Irland. Spanien und Portugal haben ebenfalls Pilotprogramme gestartet. Spanien beispielsweise testet die Einführung der Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich. Im April 2023 gab die Regierung Unternehmen dort mit weniger als 250 Beschäftigten die Möglichkeit, sich für die Teilnahme an einem staatlich finanzierten Versuch zu bewerben. Es wird erwartet, dass sich die teilnehmenden Unternehmen mindestens zwei Jahre lang an die neuen Arbeitszeiten halten. Es bleibt also abzuwarten, ob auch wir in Deutschland nachziehen und den Vorzeigemodellen folgen werden….