In der dreiunddreißigsten Folge unseres Podcast  wird es zunächst sehr ernst. Die aus der ehemaligen DDR stammende Autorin Elke Schlegel hat ein Buch über ihre Gefangenschaft und ihre Erlebnisse in der DDR geschrieben, an dem auch Bestseller-Autorin Hera Lind interessiert war. Weshalb die Autorin, die inzwischen in Koblenz lebt, die Rechte ihres ersten Buches, das im Corona-Lockdown entstanden ist, nicht verkauft hat, sondern unter ihrem Namen selbst veröffentlicht hat, erfahrt ihr im Podcast-Gespräch dieser Ausgabe – sowie noch vieles Interessante mehr.

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Elke, erzähl´ uns doch einmal um was es in deinem Buch geht?

Hauptsächlich um die menschunwürdigen Bedingungen, die jemand erleiden musste, der in der DDR groß geworden ist. Sodass es für die Bevölkerung heute nicht in Vergessenheit gerät. Deswegen habe ich dieses Buch geschrieben, um diese menschunwürdigen Bedingungen festzuhalten, die man in der DDR ertragen musste, wenn man nicht systemtreu war.

Und das warst du nicht. Das hatte schlimme Folgen für dich. Darum geht es in dem Buch „5 Monate und 24 Tage“. Was ist dir in der Zeit passiert?

Genau für diese Zeit war ich inhaftiert im Frauenzuchthaus Hoheneck. Aber genau diese 5 Monate und 24 Tage waren dann zu wenig, um entschädigt zu werden. Es gab eine sogenannte Opferpension. Die wurde einem aber nur gewährt, wenn man 6 Monate oder 180 Tage inhaftiert war. Bei mir waren es eben 5 Monate und 24 Tage. Deswegen der Titel. Ausgerechnet in Tagen waren es halt 177 Tage. Ich habe mich also an Institutionen gewandt und geschrieben, dass es ja nicht unbedingt die Haft an sich war, sondern die Verhörmethoden bei der Untersuchungshaft. Dass das eben die schlimmste und stressigste Zeit für mich war. Im Gefängnis selbst konnte man den Leuten etwas abgucken, man konnte sich einfügen und man hat gelernt. Ich musste eben ganz schnell lernen, welche Fehler ich nicht machen darf, weil es sonst Prügel oder Strafen gab. Aber in der Untersuchungshaft, als wir mutterseelenalleine in der Zelle saßen und gewartet haben, bis der Vernehmer uns zu sich geholt hat, der uns jeden Tag erzählt hat: „Sie kommen hier nicht raus, sie sehen ihr Kind nie wieder, sie sehen ihren Freund nie wieder.“ Das war für mich die schlimmste Zeit. Und das alles habe ich versucht in dem Buch niederzuschreiben, damit es erhalten bleibt.

Wann hast du dann entschlossen deine Erfahrungen aufzuschreiben? Wie kam es dazu?

Das war tatsächlich im ersten Corona-Lockdown. Weil mich da einfach so viel wieder an die DDR erinnert hat. Diese langen Haare, dieses Schlange-Stehen an den Geschäften. Und dann hieß es ja mal, man dürfe nur eine bestimmte Anzahl an Besuchern zuhause empfangen. Man ist sogar kontrolliert worden, wenn man sich dem nicht gefügt hat. Es war ja so, dass die Polizei kommen und kontrollieren durfte. Und da habe ich gedacht: O Gott, das ist wieder eine Einschränkung in meine Persönlichkeit. Das hat mich so erinnert… Und da habe ich gedacht, du bist jetzt eh in der Wohnung, du musst hier bleiben. Setz dich hin schreib´ alles, das dir wiederfahren ist, auf. Ich hatte ja auch immer nachts, wenn ich nicht schlafen konnte, meine Gedanken aufgeschrieben – und habe dann versucht sie in die richtige Reihenfolge zu bringen. Im Grunde habe ich mir so alles von der Seele geschrieben.

(…)

Ins kalte Wasser geworfen zu werden, ist manchmal besser, als ewig zu überlegen: wie mache ich es? Und es kommt nie etwas dabei heraus. Ist das Buch denn fertig geworden?

Ja, ich habe dann von Books on Demand Angebote bekommen. Sogar Hera Lind hat irgendwann mein Script gelesen und wollte es haben. Aber ich habe zuvor ein Buch von ihr gelesen, das meiner Ansicht nach nicht sehr realistisch war. Sie hat auch etwas von einer Zeitzeugin geschrieben, indem mir etwas nicht gefallen hat und ich habe sie angeschrieben mit den Worten „So war das nicht!“ Und da hat sie mich gefragt, wo ich das her wüsste. Und ich habe geantwortet, dass ich da war und es keine Mon Cherie Pralinen auf dem Tablett gab., die man sich gegenseitig zuschustern konnte. Sie hat mir dann zurückgeschrieben, das sei ihr von einer Zeitzeugin erzählt worden. Ich solle mich an sie wenden. Aber diese Frau wollte eben anonym bleiben. Und dann habe ich mit meinem Mann hin und her überlegt. Weil sie (Hera Lind) hatte mir richtig viel Geld angeboten. Ich bin mit meinem Mann aber dann zum Entschluss gekommen, dass sie ja dann die Rechte über das Buch erhält und ich auch kein Mitspracherecht mehr hätte, was in dem Buch drin steht. Und dann wäre es nicht mehr meine Biografie gewesen. Ich möchte jetzt gar nicht böse sein, aber sie macht sonst eben eher schmusige Romane, und schmusig ist meine Geschichte auf keinen Fall.

Auf jeden Fall. Aber ich finde es wirklich lobenswert, dass du doch gegen das viele schnelle Geld entschieden hast, das allerdings auch nur einmal kommt – denn wenn es ein Besteller bei ihr geworden wäre, hätte sie ein Vielfaches davon verdient und du hättest dann nichts mehr davon gesehen. Ich finde es toll, dass du da so konsequent geblieben bist.

Mehr aus dem Gespräch zwischen Dieter Aurass und Elke Schlegel könnt ihr euch online auf Anchor, Spotify etc oder auf unseren sozialen Kanälen anhören.