Für die Juni-Ausgabe sprach Dieter Aurass, Krimiautor und Moderator unseres Podcasts, mit seiner Schriftstellerkollegin Andrea Revers. Die Autorin aus der Eifel schreibt nicht nur in einem Genre – ihre Werke reichen von spannungsgeladenen Kriminalromanen über fantastische Erzählungen bis hin zu fundierten Ratgebern. Mit ihrem Roman „Seelenschwur“ gelang ihr ein origineller Genre-Mix: Vampire treffen auf die idyllische Landschaft der Eifel. Seit 2018 ist eine beeindruckende Liste an Veröffentlichungen entstanden, darunter auch die beliebte Krimireihe rund um die „Eifeler Miss Marple“. Andrea Revers, geboren 1961 in Brühl (Rheinland), ist Diplom-Psychologin und studierte zusätzlich Publizistik und Kommunikationswissenschaften. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Journalistin und Marketing-Beraterin. Nach über 20 Jahren erfolgreicher freiberuflicher Tätigkeit als Psychologin, Coach und Trainerin entschied sie sich 2019, ihren beruflichen Fokus neu auszurichten – und widmet sich seither ganz dem Schreiben. Während sie sich mit ihren Ratgebern ganz ihrem fundierten psychologisches Wissen widmete, kommen auch ihre Krimis nicht ohne psychologischen Tiefgang aus. Weshalb ihr das so wichtig ist, erfahrt ihr im Gespräch mit der Autorin. Einige Auszüge dieses sehr spannenden Gesprächs lest ihr hier und hört es in seiner vollständigen Länge unter folgendem Link: Link/QR Code zum Podcast

Die richtige Länge zu finden oder den richtigen Umfang ist ja wirklich ein Spagat. Ein Spagat zwischen dem absolut kurzen Kurzkrimi und dem Roman und diesen Spagat auf einmal zu überwinden, diese Kluft zu überwinden, ist glaube ich schon schwierig.

Ich fand das extrem schwer.

Für mich war es genau umgekehrt. Weil ich ja mit Romanen angefangen habe und dann Kurzgeschichten zu schreiben… Das ist immer ausgeufert und dann immer nur kürzen. Und auf einmal hat man festgestellt, dass eigentlich bis auf 2 Sätze alles unwichtig ist.

Ja, aber es geht. Man muss diesen Spagat mal wagen. Inzwischen bin ich ganz gut so justiert auf diese 250 bis 300 Seiten.

Du hast dann mehrere, nicht nur alleinstehende Krimis geschrieben, sondern auch Reihen mit wiederkehrenden Protagonisten?

Also ich hatte meine Kurzgeschichten mal einem Verlag angeboten, der dann angerufen hat: Wir haben eine gute und eine schlechte Nachricht: Die schlechte Nachricht ist, wir können Ihre Kurzgeschichten nicht drucken, weil wir machen keine Kurzgeschichten und die gute Nachricht: Aber wenn Sie ein Manuskript hätten, das würden wir gerne veröffentlichen. Wir mögen wie Sie schreiben. Dann habe ich gedacht: Ich habe auch eine gute und eine schlechte Nachricht, die gute ist: Ich freue mich da sehr drüber, dass Sie das wollen, die schlechte ist: Ich habe kein Manuskript. „Ja dann kommen Sie doch mal vorbei! Wir haben so ein paar Ideen mit Ihnen, also lassen Sie uns doch mal gemeinsam überlegen, was wir da tun können und so entstand dann die Idee von einer Eifler „Miss Marple“. (…) Da sind inzwischen schon 5 Bände erschienen über meine Miss Marple in der Eifel und der sechste kommt.

Da kommen wir gleich noch drauf zu sprechen. Was mich sehr stark interessiert, wäre, wieviel Einfluss hat dein Psychologiestudium auf deine Krimis? Kommt da viel von dem, was du dort gelernt hast oder was du dort erfahren hast oder ist das nur Beiwerk?

Ne, da kommt schon viel rüber. Das merkt man vielleicht auch, wenn man meine Krimis liest. Es gibt ja Regionalkrimis, wie diese wunderbaren von Jacques Berndorf, der sich sehr in Beschreibungen verliert, die ich persönlich sehr schön finde, wenn man das alles kennt und weiß wo man da her fährt, die Seiten habe ich aber früher bei Winnetou immer überblättert. Das ist eigentlich nicht so das, was mich reizt. Was bei mir im Vordergrund steht, ist schon tatsächlich wie verhalten sich Menschen, wie reden sie miteinander, wie kommunizieren sie? Man wird in meinen Büchern auch relativ wenig Beschreibungen finden, was haben die an, wie sehen die aus oder so etwas, sondern bei mir ist ganz viel Dialog und vieles erschließt sich einfach über das Denken und Handeln aus den Dialogen, daraus wie die Leute miteinander umgehen, wie sie miteinander sprechen, wie sie reagieren in bestimmten Situationen. Und das hat für mich immer auch eine große Schlüssigkeit. Ich finde Krimis ganz schrecklich oder Bücher überhaupt, wo ich den Eindruck habe, die Motivationsstruktur ist unklar. Natürlich kann man ganz unterschiedliche Motive haben für etwas und man kann sich auch völlig idiotisch verhalten. Aber es gibt diese Regel: Niemand tut langfristig Dinge, die ihm nicht guttun – und auch in jeder Abseitigkeit steckt immer eine inhärente Logik und ein zugrundeliegendes Motiv. Und wenn ich das verstehe, dann habe ich einen ganz anderen Zugang dazu, wie Handlung entsteht, wie Entscheidungen getroffen werden, wie Abläufe realisiert werden. (…)

Und da merke ich auch immer wieder, dass das manche Leute irritiert, wenn meine Friederike zum Beispiel an etwas nicht denkt. Ich denke dann immer: Ja, ich weiß, dass sie da nicht dran denkt, aber die denkt da nicht dran, weil sie 74 ist und weil die gerade wahnsinnig viel um die Ohren hat und wir denken eben nicht immer an alle Dinge gleichzeitig. Aber das ist für manche Leser oder Leserinnen sehr irritierend, weil „das doch vorne schon mal irgendwo steht“. Ja aber das kann man hin und wieder vergessen haben und das ist für mich ganz normal, dass Leute Dinge vergessen. Aber ich merke dann in meinen Büchern kann man das so nicht schreiben und da ist dann die Psychologie manchmal hinderlich, dass ich denke: Ihr erwartet von Menschen Übermenschliches (…)

Ja, aber das ist ja eigentlich das, was man mit den Büchern auch rüberbringen kann. Ich habe jetzt gerade im aktuellen Buch auch so einen Fall, wo ganz am Anfang im Obduktionsbericht was erwähnt wird und die die ermittelnden Kommissare verlieren das völlig aus dem Fokus und denken nicht mehr dran. (…)