Oft habe ich mich gefragt, weshalb Emotionales Essverhalten mit einem schlechten Gefühl oder negativen Gedanken (auch in meinem Kopf) behaftet ist. Auf den ersten Blick erscheint es logisch, wenn das Essen zur Herausforderung wird. Ich esse ohne Hunger ja dann, wenn es mir schlecht geht.

Und wie ist das, wenn es mir gut geht? Esse ich dann immer nur, wenn ich Hunger habe? Meine klare eigene Erfahrung: Nein!

Wir Menschen sind doch emotionale Wesen, zum Glück. Welch wundervolles Geschenk, dass wir wohl die einzigen Lebewesen sind, die fühlen können. Und in so besonders schönen Momenten, wie Geburtstage, Hochzeiten, ein romantisches Candlelight-Dinner, das gemeinsame Familienessen zu Weihnachten oder das langersehnte Wiedersehen mit den Liebsten… Was darf dabei nicht fehlen? Genau, das gute und gemeinsame Essen. Wir zelebrieren diese Ereignisse zusätzlich mit Essen. Wäre ja auch komisch, wenn es hierbei nichts zu essen gäbe, oder?

Und was macht unser Hirn in solchen Momenten? Es verknüpft unsere gute Laune und die schönen Erinnerungen an diesen Tag mit Essen. Das Belohnungssystem wird auch noch angesprochen.

Kommt dann einer unserer schlechten Momente, wird unser Hirn getriggert. Es will doch auch nur glücklich sein. Und schon ist die Chipstüte leer, die Eispackung offen, der vermeintliche Hunger groß. Kurzzeitig fühlen wir uns besser. Da es aber die Ursache selbst nicht löst, brauchen wir Nachschub, ganz schön viel sogar. Und schon ist unser Denkvermögen ausgeschaltet. Der ferngesteuerte, unbewusste Essenstrieb ist in vollem Gange. Und das schlechte Gewissen bald erreicht. Der Teufelskreis beginnt.

Das unbewusste Essen, das schlechte Gewissen sind neben häufig hastigem Schlingen Merkmale von negativen Emotionalen Essen. Vor allem das schlechte Gewissen quält uns doch.
Wie ist es, wenn wir auf einer Hochzeit essen? Haben wir da auch ein schlechtes Gewissen? Eher weniger. Wir entscheiden uns dann bewusst für dieses Essen und wir genießen ist. Wir sind okay damit, wenn wir auch über unseren Hunger gegessen und dazu vllt. auch noch Alkohol getrunken haben. Wir nehmen es sozusagen in Kauf. Oft fällt es dann auch nicht schwer, den nächsten Tag etwas weniger zu essen. Wir fühlen uns schließlich gut und sind im Flow. Wir sind null im Kopf unterwegs.

Sehr häufig sehe ich, wie versucht wird, Emotionales Essen über den Verstand zu lösen. Ernährungspläne (meist leider völlig utopische mit viel zu wenig Kalorien), bestenfalls wird reflektiert, schlimmstenfalls zu negativ. Selbstverurteilung und jeden Menge Verbote sind die Folge.

Selbst mit Disziplin ist das nur schwer durchzuhalten und schon steht das nächste Gefühl auf dem Programm: Ich habe versagt, wieder mal!

Übrigens: Gefühle kennen keine Disziplin. Sie suchen sich und finden immer einen Weg, IMMER!

Es scheint ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, das Emotionale Essen in den Griff zu bekommen, es nicht mehr ständig im Kopf zu haben. Das ist wie mit dem Versuch: Ich denke jetzt nichts mehr und schlafe! Und was kommt: Tausende von Gedanken. Kennst du das auch?

Wie wäre es, dieses Essverhalten auf der emotionalen Ebene zu lösen? Es ist doch Emotionales Essen – also der Versuch, bestimmte Gefühle zu unterdrücken. Gilt übrigens nicht nur fürs Essen sondern für jegliche Art der Kompensation.

Wie wäre es also, wenn du versuchst, dich vermehrt deinen Gefühlen zu widmen? Sie anzunehmen und zu spüren? Ihre Botschaft zu verstehen. Sie sind nicht einfach umsonst da!

Erst wenn wir uns und unsere Gefühle annehmen, können sie gehen und Platz für etwas Neues machen. Wenn du deine Gefühle bisher über das Essen reguliert hast, brauchst du es nicht mehr. Es ist nichts mehr da, was du unterdrücken musst. Dich und deine Gefühle zu kennen und zu lieben wirkt sich positiv auf alle Bereiche deines Lebens aus, auch auf dein Umfeld und deine Beziehungen. – Aus Liebe zu dir.

Bild Franziska Raschke