„Das ist ein Tabubruch, der niemals hätte geschehen dürfen.“

Wir haben Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, erneut getroffen – diesmal im Rahmen des politischen Aschermittwochs in der rheinland-pfälzischen SPD in Koblenz – und uns mit ihr u.a. über ihre große Freude an Politik und den aktuellen Wahlen in Thüringen und Hamburg gesprochen.

Sie sind jemand, der große Freude an Politik hat. Nicht nur der Ernst der Politik ist wichtig, sondern auch Spaßhaben am Entscheidendürfen. Ist das richtig?

Ja, das ist richtig. Einerseits muss man sehr ernsthaft sein in der Politik. Denn es gibt viele Probleme zu lösen. Andererseits finde ich es auch wichtig, zu zeigen, dass man sehr viel Freude daran hat. Denn es ist ja ein großes Privileg, eine Aufgabe zu haben, bei der man gestalten kann –und in der Politik kann man wirklich sehr viel gestalten. Ich den Menschen sagen, dass es mir trotzdem große Freude macht, in diesem Land Ministerpräsidentin zu sein. Ich mache das mit ganzem Herzen und tue es sehr gerne. Auch wenn es manchmal Situationen gibt, in denen einem nicht zum Lachen zumute ist.

Zum Stichwort „Nicht zum Lachen“: 75 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus hat die Höcke-AfD einen Ministerpräsidenten mit gewählt. Wie haben wir das zu bewerten?

Das ist ein Tabubruch, der niemals hätte geschehen dürfen. Es gab lang das gemeinsame nicht ausgesprochene Verständnis unter Demokraten, dass man mit einer AFD auf gar keinen Fall – kooperiert – erst recht nicht mit diesem rechtsextremen Flügel. In gar keiner Weise. Was in Thüringen passiert ist, hätte niemals passieren dürfen.

Welche Rückschlüsse ziehen wir für die Zukunft daraus?

Dass es noch wichtiger ist, dass jeder Acht gibt. Die SPD ist da sehr klar aufgestellt. Die CDU muss schauen, dass sie ihre Landesverbände im Griff hat. Und die FDP muss schauen, dass so etwas nie wieder passiert. Wenn wir in die Geschichte blicken: Überall dort, wo Rechtsextreme oder rassistisch motivierte Menschen die Möglichkeit hatten, sich in die Machtverhältnisse einzubringen, waren es Konservative, die sich geöffnet haben und zugelassen haben, dass Menschen mit rassistischem Gedankengut die Möglichkeit hatten mitzubestimmen. Das ist der Anfang vom Ende. Wir wollen die freie Gesellschaft bewahren, und zwar aus ganzer Überzeugung. Das setzt voraus, dass es jetzt wieder zum ausgesprochenen Tabu wird, dass man eben nicht mit Rechtsextremen, mit Radikalen oder mit Rassisten gemeinsame Sache macht.










Die SPD in Hamburg scheint ihre Sache mit einer klaren Linie sehr gut gemacht zu haben…

Ja, ich glaube sogar es gibt Ähnlichkeiten zwischen dem Hamburger SPD Landesverband und uns in Rheinland-Pfalz. Wir sind eine geschlossene Partei. Als Ministerpräsidentin habe ich eine klare Haltung zu den Themen, die die Menschen bewegen. Und wir haben immer klare Ziele formuliert. Bildung ist unser Schwerpunkt in Rheinland-Pfalz. Wir sind erfolgreich in vielen Bereichen. Wir haben eine gute wirtschaftliche Situation. Wir denken auch an die Menschen, denen es nicht ganz so gut geht in unserem Bundesland. Wir haben eine hohe Beschäftigungszahl, aber wir sorgen auch dafür, dass Menschen ohne Arbeit eine Perspektive für die Zukunft haben. Wir denken an ältere Menschen und sorgen dafür, dass man auch im Alter gut leben kann. Und wir wollen die Zukunft gestalten. Das verbindet uns ganz stark mit Hamburg. Modern zu sein und gleichzeitig soziale Politik machen – das ist uns als Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen ein großes Anliegen. 

Vielen Dank, Malu Dreyer, vielen Dank Johannes Fischer, der das Interview in unserem Auftrag führte.