Gerade in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz wird die Digitalisierung im Gesundheitswesen eine maßgebliche Rolle spielen“

Wir haben uns mit Dr. Alexander Wilhelm, dem Gesundheitsstaatssekretär und Impfkoordinator für Rheinland-Pfalz unterhalten und von ihm u.a. etwas über seinen aktuellen Berufsalltag während der Pandemie, die Schwierigkeit der Entscheidungsfindung, aber auch über digitale Projekte im Gesundheitswesen erfahren.

Ich denke nicht, dass auf dem Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz jemals zuvor solch ein Druck lastete wie dieser Tage. Wie erleben Sie dies selbst? Was empfinden Sie als besonders schwierig in Ihrem jetzigen Berufsalltag?

In der Tat ist es durch die Pandemie, die es nun seit einem Jahr gibt, eine ganz besondere Herausforderung. Auch für uns, für mein Haus, für die Ministerin und für mich und auch für die ganze Landesregierung. Die Pandemie hat natürlich noch einmal das Tempo von Entscheidungen und das Ausmaß der Entscheidungen ganz maßgeblich verändert. Wir spüren das hier wirklich seit einem Jahr und können auch sagen, dass alle Verantwortungsträger natürlich am Limit arbeiten, um die Bevölkerung bestmöglich zu schützen. Sie wissen, ich bin auch der Landeskoordinator für das Impfen und das ist eine ganz spezielle Herausforderung. Wir hatten die Vorgabe aus Berlin doch bitte bis Mitte Dezember die Organisationsstrukturen geschaffen zu haben wie man den Impfstoff an die Bevölkerung bringen kann und wir haben es zu tun mit ganz besonderen Impfstoffen, die besondere Voraussetzungen für das Verimpfen mit sich bringen. Und dann haben wir in kürzester Zeit mit den Verantwortlichen im Land – das sind vor allem die Kommunen – Strukturen aufbauen müssen von denen man sich kaum hätte träumen lassen, dass es möglich sein würde in so kurzer Zeit. .Aber es ist gelungen – gottseidank – und ich bin da auch allen Partnern (egal ob Kommunen, DRK, Ärzteschaft, etc ) total dankbar, dass es funktioniert hat. Das war keine Selbstverständlichkeit. Das gibt gleichzeitig auch eine gewisse Befriedigung wirklich sagen zu können bei allen Mühen, bei allen Anstrengungen, ging es am Schluss gut Strukturen aufzubauen und der Bevölkerung eben auch dann Impfungen zukommen zu lassen auf die sie so dringlich gewartet haben und mit der ja auch ganz viel Hoffnungen verbunden sind.

Sie haben es schon angeschnitten: Gesundheit ist gegen wirtschaftliche Erwägungen nicht abzugrenzen. Aber irgendwann wird man gezwungen sein, höhere Risiken einzugehen um die Wirtschaft nicht zu sehr zu schädigen. Sind Sie da meiner Meinung?

Absolut. Es ist wirklich so, dass wir – und das dürfen Sie mir auch glauben, das gilt nicht nur für mich, sondern für alle, die hier Verantwortung tragen – immer auch die Belange derer im Blick haben, die natürlich betroffen sind von den Einschränkungen, die wir leider verfügen mussten und die ja nicht nur für Rheinland-Pfalz sondern bundesweit gelten. Sie wissen, die werden schon in den Treffen der Regierungschefs beschlossen und wir setzen sie dann um. Da ist unsere Ministerpräsidentin auch mit dabei und ich bekomme mit wie sie sich im Vorfeld viele Gedanken macht, viele Gespräche führt, um eben auch für das Land die richtigen Entscheidungen zu vertreten in der Wiege der Regierungschefs. Das muss man einfach vernünftig gegeneinander abwägen. Ich verstehe wirklich von Herzen die Wirtschaft. Ich habe da auch viele Gespräche geführt, zum Beispiel mit dem Einzelhandel bei uns in der Region und das tut schon weh zu sehen wie der Einzelhandel da ringt, wie er natürlich große Bedenken hat – zu Recht – zu der Frage wie es so weitergehen kann und ob ein Wiederaufnehmen der alten Tätigkeit in der Form möglich ist wie es mal vor der Corona-Pandemie war. Wir versuchen da wirklich alles zu tun, um die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten, aber wir erleben selbst: wir sind in einer Situation wo es nach wie vor sehr sehr schwierig ist, wo nach wie vor die Intensivstationen in Krankenhäusern mehr als gut belegt sind, wo Menschen sterben. Und so lange das der Fall ist, müssen wir glaube ich in der Abwägung den Gesundheitsschutz immer stärker vortreten lassen, würden uns aber von Herzen wünschen, das wieder zurücknehmen zu können (…)

Gestatten Sie mir einen kleinen Sprung: nach und nach werden immer mehr Gesundheitsapps von den Krankenkassen zugelassen, um Therapien damit zu unterstützen. Muss man nun im Gesundheitswesen vermehrt auch digital denken?

Absolut. Mit so einer Frage rennen Sie bei mir offene Türen ein. Ich glaube da liegt sogar die Zukunft. Gerade in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz wird die Digitalisierung im Gesundheitswesen eine maßgebliche Rolle spielen. Ein gutes Beispiel, was momentan total der „Renner“ ist – wenn ich das mal so, etwas flapsig, ausdrücken darf – ist unser Projekt „Telemedizin“, TMA – Telemedizinische Assistenz, das wir momentan in vier Modellregionen in Rheinland-Pfalz erproben. (…)

Vielen Dank, Dr. Alexander Wilhelm, vielen Dank Johannes Fischer, der das Interview in unserem Auftrag führte.