„Deshalb ist auch grade das Deutschlandticket aus meiner Sicht ein guter Schritt in die richtige Richtung.“
Wir haben mit Hansjörg Kunz, Geschäftsführer der KOVEB, gesprochen und uns mit ihm unter anderem über seinen beruflichen Werdegang, aber auch über die Entwicklungen der Branche in den letzten Jahren, die Klimafreundlichkeit und wachsende Attraktivität des ÖPNV sowie über die Einführung des Deutschlandtickets ab Mai unterhalten.
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Wir kommen direkt zu Ihnen. Geschäftsführer sind Sie ja nicht von vornherein gewesen. Erzählen Sie uns doch etwas über Ihren Werdegang. Sie waren ja einmal bei einem anderen, wesentlich größeren Personenbeförderungsbetrieb…
Ja, das ist zutreffend. Nach meiner normalen Lehre habe ich Fahrzeugtechnik, Maschinenbau studiert und bin dann 12 Jahre lang in verschiedenen Stationen der Deutschen Bahn tätig gewesen. Insbesondere im Regionalverkehr. Und habe mich dort noch etwas mit Betriebswirtschaft auseinandergesetzt. Im Anschluss daran habe ich die koveb bzw. deren Vorgänger in Summe 16 Jahre – man soll es kaum glauben – betreuen dürfen.
Das ist eine ganze Zeit. Was hat sich in den Jahren Ihrer Meinung nach am meisten verändert?
Nun ja, zunächst einmal hat sich das komplette Geschäft komplett gewandelt. Man sprach früher vom eigenwirtschaftlichen Betrieb. Das heißt ein Unternehmen hat eine Konzession gehabt, hat eine Linie gefahren, die dann in Eigenwirtschaft betrieben wurde. Das hat ausgereicht um die Aufwendungen auszugleichen und einen gewissen Gewinn zu erwirtschaften. Das hat sich stufenweise verändert durch höhere Kosten, höhere Umwelt- und Sicherheitsstandards und höhere Komfortausstattungen. Aber auch durch den Wunsch immer mehr Leistung anzubieten, die vielleicht auch über den normalen Bedarf der wirtschaftlich stemmbar ist, hinausgeht. Deshalb haben wir heute den sogenannten Aufgabenträger initiierten ÖPNV. Das heißt man fährt nicht mehr eigenwirtschaftlich, sondern die Linien werden entweder über den koveb direkt vergeben, die sogenannte Direktvergabe an das eigene Unternehmen oder eben die entsprechenden Linien-Bündel werden ausgeschrieben und dann eben im Cent pro Kilometer an den günstigsten vergeben.
Welche Entwicklungen auch in der heutigen Zeit sehen Sie kritisch und welche machen Ihnen auf der anderen Seite wiederum Freude?
Also grundsätzlich kann man feststellen, dass das Thema ÖPNV in unserer Gesellschaft und Politik, auch mit dem Thema Umweltschutz, zunehmend einen höheren Stellenwert eingenommen hat. Das ist natürlich für die Branche insgesamt sehr gut. Problematisch ist aber aktuell noch die Frage, wie das finanziert werden soll. Einerseits die Leistung. Deutschlandticket, da kommen wir gleich noch drauf. Aber auch die Frage der Antriebskonzepte. Und das macht der Branche momentan ein bisschen Kummer, weil da die Planungsgrundlagen fehlen.
Ist der Fokus nicht grade auf dem Nahverkehr nicht auch sehr groß eben wegen der steigenden Kosten für die Autofahrer, dass die sich dann weitergehend überlegen: Jetzt steig´ ich doch um.“?
Genau. Das ist ein Aspekt. Deshalb ist auch grade das Deutschlandticket aus meiner Sicht ein guter Schritt in die richtige Richtung. Dass man eben die Attraktivität des ÖPNVs neben den Komfortbausteinen und dem Ausbau der Angebote erhöht und damit auch die Attraktivität erhöht und dadurch möglicherweise den Individualverkehr etwas zurückfährt.
Gehen wir in medias res was das Deutschlandticket angeht. Sie sind eine starke Werbung hier vor Ort gegangen. Man kann es überall sehen: es wird kommen. Was genau steckt dahinter?
Einerseits wollten wir das eben natürlich als Marketingobjekt nutzen, unsere Kunden darauf hinzuweisen und das Deutschlandticket in adäquater Weise zu vermarkten, eben um möglichst viele Kunden davon überzeugen zu können. Und das andere, muss man ehrlicherweise auch sagen, ist die Frage der Erlössicherung. Wir haben momentan die Situation – und das gilt für alle Verkehrsunternehmen in Deutschland – dass wir noch nicht genau wissen, was das Thema Deutschlandticket ab dem 1. Mai für uns bedeutet. Wie viele Erlöse haben wir dann noch? Sie müssen sich vorstellen, dass man einen Schlüssel für die Aufteilung finden muss. Den gibt es momentan noch nicht. Und das andere ist – das ist zumindest im Gespräch – dass wir einen Rettungsschirm bekommen werden. Aber auch das ist noch nicht sicher.
Vielen Dank, Hansjörg Kunz und vielen Dank Johannes Fischer, der das Interview in unserem Auftrag führte.
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