In der siebenundzwanzigsten Aufnahme unseres Podcast haben wir uns diesmal mit Illustrator und Cartoonist Tom Fiedler unterhalten, der heute in Koblenz lebt. Wir haben uns mit ihm über den Begriff „Graphic Novel“ unterhalten und wie er zum Zeichnen gekommen ist. Außerdem erzählte er uns über seine tolle Arbeit mit verwundeten Soldaten und seiner Neuveröffentlichung „Invictus – Der Weg zurück ins Leben“, die sowohl auf deutsch als auch in englisch passend zu den Invictus Games in Düsseldorf vorgestellt wird. Wir haben von ihm mehr dazu erfahren, aber auch wie es überhaupt gelingt, sich mit einer Graphic Novel ernsten Themen zu widmen und auch welchen Hindernissen man bei der Übersetzung eines Buches ausgeliefert ist – und was Prinz Harry damit zu tun hat. Hört also rein und erfahr mehr.

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Zunächst die Frage, denn es sind Begriffe, die mir nicht so ganz geläufig sind. Wo ist der Unterschied zwischen einem Cartoon und einer Graphic Novel?

Also mir ist es erstmal egal, ob man das Buch als Comic oder als Graphic Novel bezeichnet. Dieser Begriff geht eigentlich auf Will Eisner zurück, DIE amerikanische Zeichen-Ikone, und er hat Ende der 70er Jahre „Ein Vertrag mit Gott“ geschrieben. Und zu der Zeit wurden in Amerika Comics als Beilagen für Zeitschriften publiziert.  (…) Die hatten ein festes Format, mit Rahmen – damit man eben diesen Massenmarkt bedienen konnte. Aber Eisner wollte irgendwann etwas Eigenes machen, was ein bisschen mehr Tiefe hat, was eine komplexere Geschichte erzählt. Und er wollte auch grafisch mehr Freiheiten haben. So verstehe ich das jedenfalls. Deswegen hat er das Buch eben ganz bewusst als „Graphic Novel“ bezeichnet. Da ist ein etwas höherer Anspruch und der Versuch zu sagen, es ist auch für Erwachsene. Man hat das manchmal ja auch als „Schund“ bezeichnet. Das ist es nicht. Es kann sich jeder angucken. So ist der Begriff dann entstanden. (…)

Das finde ich toll. Es ist ja auch bei deinem Buch so, dass es eine Art Novelle ist, die eben zusätzlich einfach noch bebildert ist. Aber von den Texten her… Es sind Beschreibungen, es sind Dialoge drin.  Ich finde das schon sehr reizvoll und anspruchsvoll.

Genau. Ich glaube, wenn du so mit dem Stoff arbeitest, hast du noch eine weitere Möglichkeit: Du kannst auch etwas Ungesagtes zeigen oder ein Bild anbieten, in dem sich Leute wiederfinden. Also du hast ein zusätzliches Stilmittel als in einem Textroman, das eben nicht eine reine Illustration ist, sondern du hast gar keinen Text. Da ist ein Bild, das Emotionen auslöst. Das finde ich sehr reizvoll zu nutzen.

Ich glaube, das ist eine Chance für den Künstler, der das schafft, das was bei den Autoren so schwierig ist. Das „Show, don´t tell“. Wie bringe ich Gefühle rüber, ohne es einfach zu erzählen? Sondern du zeigst einen Gesichtsausdruck oder eine Situation, wo jeder weiß, das sind die Emotionen, die da grade eine Rolle spielen.

Ich habe ja in einem schwierigen Umfeld gearbeitet für die Recherche zum neuen Buch. Denn ich habe verwundete, verletzte und erkrankte Soldaten besucht und sie begleitet. Man geht also in einen Raum, der normalerweise sehr gut geschützt ist. Da kommt man als Nichtmediziner oder Nicht-Physiotherapeut normalerweise nicht rein. Und man sieht in den Blicken der Menschen die Frage: Kann ich dir vertrauen? Also du kommst hier rein und machst etwas, das wir nicht verstehen. Da hat mir sehr geholfen zu sagen, ich mache eine Graphic Novel. Wenn ich sage, ich mache einen Comic haben die Leute ein Bild im Kopf, er macht Marvel oder er macht Häger und hätten sich vielleicht nicht wahrgenommen gefühlt. Wenn ich aber sage, ich mache eine Graphic Novel war meistens ein Fragezeichen da. Was ist das? Und dann war eine Chance zu sagen, ich denke das wird so und so. Ich hatte mein Skizzenbuch mit und habe meine Skizzen immer sehr offen gemacht. Dass jeder auch sehen konnte, was ich tat. (…)

Spannendes Thema. Und es ist kein dünnes Buch. Es ist etwas größer als Din A 4 und hat 160 Seiten. Sicherlich sehr sehr lesenswert. Das erscheint jetzt passend zu Invictus Games in Düsseldorf…

Genau, die finden vom 9. bis 16. September statt.

In Deutsch und in Englisch. Das heißt es wird etwas sein, was dort auch den Teilnehmern und Angehörigen oder Betreuern von Teilnehmern zur Verfügung stehen wird. Ich nehme an, es wird sehr gut angenommen.

Ja, ich hoffe auch. Es sind 22 Nationen dort mit etwa 500 Teilnehmern und mein Wunsch war, dass sich jeder auch ein Stückdarin  wiederfinden kann. Und dann sollen sie es auch lesen können…

Du zeichnest ausschließlich mit Tusche und Papier oder nutzt du auch modernere Medien?

Also ich mache beides. Ich mache oft viele Vorskizzen und Überlegungen auf Papier. Mir hilft es sehr, sehr klein zu zeichnen, sodasss man wenig in einen Entwurf investiert. Dann ist der Trennungsschmerz nicht so groß. Das ist glaube ich wie beim Schreiben, wenn man einen Absatz kürzen muss, der nicht mehr passt. Und das Digitale ist natürlich ein Traum. Weil du kannst korrigieren, du kannst die gezeichnete Seite spiegeln, verschieben, großflächig kolorieren. Als Seiteneinsteiger ist das Digitale ein fantastisches Medium. Sodass ich am Ende beide nutze. Aber das Buch, wie es jetzt vor dir ist, ist rein digital gezeichnet.

Mehr aus dem Gespräch zwischen Dieter Aurass und Tom Fiedler könnt ihr euch online auf Anchor, Spotify etc oder auf unseren sozialen Kanälen anhören.