Zum bereits neunundzwanzigsten Mal haben wir uns mit einer regionalen Autorin oder einem regionalen Autor getroffen, um uns über Literatur zu unterhalten. Diesmal ging es im Gespräch tatsächlich darum: Wann ist es Literatur? Zählen manche Genres etwa gar nicht darunter? Die 29-jährige Autorin, Moderatorin und Veranstalterin aus Mainz, Sarah Beicht, hat uns ihre Meinung dazu mitgeteilt. Denn sie selbst schreibt auch sehr unkonventionell. Welche Themen sie hierbei besonders interessieren und was es mit ihrem Horrorgedicht auf sich hat, verrät die junge Autorin, der es gelungen ist, ihren Berufswunsch als freie Schriftstellerin zu verwirklichen.

Welche Themenbereiche bzw Genres decken deine Veröffentlichungen ab?

Ich finde es ganz schwierig, da immer den Genrefinger draufzulegen. Von daher würde ich das in Themenbereiche eingrenzen. Weil wenn ich das ein bisschen skizziere, sagen immer viele: Ah, du schreibst Krimis. Aber das ist nicht der Fall. Es darf ruhig blutig zugehen bei mir. Ich interessiere mich für Kriminalfälle, sehr für True Crime. Aber ich interessiere mich nicht für die Auflösung. Also die Ermittlung ist mir vollkommen egal. Ich interessiere mich für Täterperspektiven bisweilen, für verschiedene Muster, Modi Operandi sozusagen. Das ist das, was mich interessiert. Der Kriminalfall ist mir eigentlich egal. Das ist auf jeden Fall ein großes Themengebiet. Und ansonsten ist es sehr körperlich in meinem Schreiben. Ich interessiere mich für den menschlichen Körper, den weiblichen Körper im Besonderen. Es geht um den sich verändernden Körper, den alternden, schwachen, kranken Körper. Auch körperlicher Verfall ist oft drin, es darf morbide werden. Sepulkralkultur ist auch ein Thema. Das ist die Richtung in die es geht. Es darf blutig sein, es sind keine Krimis. Aber es darf auch gelacht werden. Es ist nicht alles tieftraurig, pechrabenschwarz.

Das ist hochinteressant. Etwas wozu man viel zu schreiben kann. Wir kommen sicher noch zu dem ein oder anderen speziellen Buch von dir zu sprechen. Deine Erstveröffentlichung hattest du mit 19 mit einem ganz ungewöhnlichen Titel „Die Liga der außergewöhnlichen Serienkiller“. War das angetriggert von dem Film „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“?

Ja, schon. Der basiert ja auch auf einem Comic. Das war die Idee eigentlich. Es ist ein Horrorgedicht. Ich bin mir gar nicht mehr sicher. Es reimt sich glaube ich sogar. Ich hatte mal ein Faible für reine Reime. Das habe ich mittlerweile gottseidank abgelegt. Es geht darin darum, dass sich verschiedene Serienmörder begegnen bei einer Talkshow. Es ist eigentlich ein lustiges Gedicht über mordende Personen.

Du bist auch Moderatorin. Was moderierst du?

Ich moderiere literarische Veranstaltungen aller Art. Vor allem bisher Jugendlesungen. Lesungen für Schulklassen und so weiter. Aber auch ganz normale AutorInnenlesungen. Seit letztem Jahr moderiere ich das „Podium Rheinland-Pfalz“ auf der Frankfurter Buchmesse. Da kann man von einer anbahnenden Reihe sprechen…Das darf ich für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels moderieren.

Das ist ja sehr interessant. Auf der Buchmesse sind ja sehr viele Veranstaltungen dieser Art. Hast du da Einfluss darauf, wie das da abläuft? Oder bekommst du das vom Börsenverein vorgegeben…?

Genau. Also ich habe keinerlei Einfluss auf das Programm. Das Programm ist ausgelagert, das macht eine Kollegin von mir sehr sehr fähig, wie ich finde. Und ich bekomme quasi die Übersicht von Mittwoch bis Sonntag. Halbstündige Slots, die ich irgendwie geschickt und unterhaltsam kurzweilig verbinden muss. Ich bin quasi die Zwischenmoderatorin der einzelnen Slots. Aber ich habe dadurch natürlich einen super guten Einblick über die rheinland-pfälzische Literaturszene. Wo ich lange Zeit nur in Mainz tätig war, und mein Kosmos von Laubenheim bis Mombach gereicht hat, komme ich jetzt literarisch gesehen von Trier bis nach Koblenz und Worms.

Zählst du jedes Genre zu Literatur? Oder gibt es ein Genre, bei dem du sagst: „Das ist für mich keine echte Literatur!“? Weil ich weiß, der Krimi ist lange Zeit nicht als Literatur anerkannt worden.

Das ist eine wirklich gute Frage. Mein erster Impuls wäre gewesen: Auf gar keinen Fall würde ich mich anmaßen zu sagen, das ist Literatur und das ist keine. Wer bin ich? Warum soll ich da mit dem Finger draufzeigen? Ich glaube eine mögliche Grenze könnte es sein, ist es für die Schublade oder ist es veröffentlicht. Aber auch da würde ich mich nicht anmaßen zu sagen, alles was in meiner Schublade vor sich hin staubt, ist keine Literatur. Und dann geht es ja auch wieder darum, wer es schreibt. Schimpft sich dieser Mensch Autor oder nicht? Ne, würde ich so nicht beantworten können.

Finde ich gut. Weil dieses Schubladedenken finde ich furchtbar. Dass man unterschiedliche Genres abstempelt, negativ behaftet., dass sie nicht Literatur sind. Viele sagen ja auch nur Lyrik ist Literatur, alles andere ist publikumswirksam, ausgelegt auf Kommerz.

Mehr aus dem Gespräch zwischen Dieter Aurass und Sarah Beicht könnt ihr euch online auf Anchor, Spotify etc oder auf unseren sozialen Kanälen anhören.