Den sechsundzwanzigsten Podcast haben wir im Rahmen der Koblenzer Lesetage „Stadtlesen“ mit dem Bestseller-Autor Carsten Sebastian Henn geführt und uns mit ihm unter anderem über seine Tätigkeit als Weinjournalist und Restaurantkritiker unterhalten. Er verriet uns welche Promis guten Wein und wer nur „Plörre“ herstellt. Über seine Liebe zum Kochen und den mies bezahlten Job sowie natürlich über seine Bücher, Wein- und Kulinarik-Krimis und Romane wie sein großer Erfolg „Der Buchspazierer“ oder „Der Geschichtenbäcker“. Auch sein neuestes Projekt- ein Kinder- und Jugendbuch zu schreiben, kam zur Sprache. Das äußerst interessante Gespräch zwischen ihm und Autor Dieter Aurass könnt ihr euch in Gänze anhören. Einige Auszüge hiervon findet ihr hier.
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Carsten ist in meinen Augen ein echter Tausendsassa. Manche würden wohl auch sagen ein „Hansdampf in allen Gassen“. Denn die Liste seiner Aktivitäten ist sehr lang: Dichter, Journalist, Restaurantkritiker, Weinkenner, Dramatiker und Autor verschiedener Genres. Viele werden ihn als Bestsellerautor des Buchs „Der Buchspazierer“ kennen, aber er hat noch so viel mehr zu bieten. Meine erste Frage: Radio NRW hat dich mal als das „Dichtermonster“ bezeichnet und du warst 1998 erster Gewinner des Jack-Gonski-Preises für Slam Poetry. Wie kam es dazu und was ist Slam Poetry eigentlich?
So richtig weiß ich das bis heute eigentlich nicht, was das ist. Ich war kurze Zeit vorher in Australien gewesen und kam zurück und hörte dann etwas von der neuen Mode Slam Poetry. Und dass es da Wettbewerbe gab. Da ging es darum in 5 Minuten Text vorzutragen, um das Publikum zu begeistern. Dass es da plötzlich einen Wettbewerbscharakter hatte und man nicht besonders viel Zeit hatte. Da dachte ich: Da mach ich mal mit, probiere es einfach mal aus. Und hatte vorher noch nie einen Poetry Slam- Abend mitbekommen. Ich wusste gar nicht, welche Form da gewünscht ist oder so. Es war dann sehr gemischtes Programm. Von Rappern, die gerappt haben ohne, dass Musik dazu lief. Viele machten damals schon Comedy. Das hat sich in der Szene glaube ich auch verselbständigt. Es gab aber auch klassische Lyrik, die vorgetragen wurde. Ich habe eher ein Zwischending gemacht. Das war schon klassische Lyrik, aber sehr nach vorne gehend, das Publikum animierend, bisschen mehr Slogans. Und ich habe dann gewonnen, zu meiner eigenen Überraschung. Und da war ich ein wenig in der Szene unterwegs, merkte dann aber, dass das nicht so meins war. Das kompetitive find ich bei Literatur schwierig. Das wollte ich dann nicht machen. Und es gab auch immer mehr Comedy. Das waren eben die, die gewannen. Irgendwann war es, wenn du die Leute intelligent zum Lachen bringst, dann ist die Chance, dass du gewinnst, sehr hoch. Das fand ich dann eine Vermischung von Genres. Das mag fürs Publikum lustig sein, aber ich fand es oft schade für die Kolleginnen und Kollegen, die ihr Herz zu Markte tragen mit sensibler Lyrik und dann keinen Blumentopf gewinnen.
Wein- und Kulinarik-Krimis ist das eine. Und dann kam irgendwann „Der Buchspazierer“. Das Buch war 2 Jahre auf den Bestsellerlisten. Ist aber eine ganz andere Geschichte. Wie kam es zu der Idee, dieses Buches das sich ja doch sehr von vorhergehenden unterscheidet. Und um was geht es darin, für die, die das Buch noch nicht kennen?
Es geht darin um einen alten Buchhändler, 72 Jahre ist er alt. Carl Christian Kollhoff liefert die Bücher noch zu Fuß aus. Die Kunden sind alles Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Wohnungen oder Häuser nicht verlassen oder andere Probleme haben. Und er ist für sie eine, wenn nicht sogar die wichtigste, Verbindung zur Welt. Andersherum aber auch. Auch sie sind für ihn der einzige Freundeskreis. Er hat ein sehr eingefahrenes Leben und plötzlich tritt ein 9-jähriges Mädchen da hinein. Schascha bringt das alles total durcheinander. Es geht ganz viel um Literatur, es ist eine Hommage an Buchhändlerinnen und Buchhändler, an Bibliothekarinnen und Bibliothekare, aber vor allem an die Kraft des Lesens und wie das Lesen uns zusammenbringen kann. Das Buch habe ich tatsächlich vor der Pandemie geschrieben und plötzlich war die Pandemie da. Und das Thema, das ich hatte, wurde plötzlich aktuell. Wir können nicht mehr aus unserer Bude raus und wir sehnen uns nach sozialen Kontakten. Und die Buchhändler fangen plötzlich an, die Bücher zu Fuß auszutragen. Du denkst, es sollte zeitlos sein und plötzlich ist es hochaktuell. Das war überhaupt nicht geplant. (…) Ich habe mir über die Jahre immer mal wieder andere Genres geleistet. Ich wusste meine Krimis ernähren mich sicher. Aber immer wieder gab es Themen, die ich erzählen wollte, die in einen Krimi nicht hineingepasst hätten. Dann habe ich andere Romane geschrieben. Vorher schon „Das Apfelblütenfest“ oder „Eine Prise Sterne“. Das waren Versuche zu gucken, was macht ein anderes Genre oder welche Geschichte ging eben nicht. Und die Idee zum „Buchspazierer“ hatte ich sieben Jahre lang bei mir. Normalerweise, du kennst das auch, redet man mit Kollegen drüber, was man gerade schreibt. Über die Idee habe ich aber mit keinem gesprochen. Weil ich dachte, das ist so eine schöne Idee einen Mann zu haben, der zu Fuß zu seinen Kunden geht. Egal wem ich die erzähle, dann schreiben sie die Geschichte. Deswegen habe ich die echt für mich behalten… Und nach sieben Jahren hatte ich dann auch eine Idee für die Geschichte. Das hat echt lange gedauert. Gott sei Dank hat auch der Verlag gesagt: Das machen wir. Die hätten ja auch sagen könne: „Ein anderes Genre, ne machen wir auf keinen Fall.“ Das war kein Spitzentitel, sondern ein Schuss ins Blaue – und dann ist der von alleine gelaufen.
Wahnsinn. Es ist wirklich sehr mutig, einen Titel so lang im Kopf zu behalten als Idee. Weil jemand hat mal gesagt – und ich glaube das ist sehr wahr – Wenn du eine Idee hast, schreibe es, sonst schreibt es irgendjemand anders. Die Gefahr ist natürlich groß.
Absolut. Ist mir auch schon passiert (…)
Mehr aus dem Gespräch zwischen Dieter Aurass und Carsten Sebastian Henn könnt ihr euch online auf Anchor, Spotify etc oder auf unseren sozialen Kanälen anhören.