NEXT Autoren Plausch mit Stefan Gemmel

Moderation Dieter Aurass

Bei der neunten Folge unseres Podcast NEXT AutorInnen Plausch haben wir mit einem der bekanntesten und bedeutendsten Kinderbuchautoren Deutschlands gesprochen: Stefan Gemmel. In dieser Podcast-Folge unterhält sich Moderator Dieter Aurass mit Stefan unter anderem über seine Erfahrungen mit Online-Lesungen, sein Corona konformes Lesungskonzept, das mit uns gemeinsame Projekt „Wie entsteht ein Kinderbuch“ oder die Organisation von Lesungen und Schreibworkshops.

Du schreibst seit 28 Jahren Kinder- und Jugendbücher und hast in diesem Genre über 50 Bücher veröffentlicht. Mit 23 Jahren angefangen, hast du da schon früh gewusst, dass dieses Genre dir liegt?

Stefan Gemmel: Ich habe damals als Heilerziehungspfleger in einer Sonderschule für geistig behinderte Kinder gearbeitet und habe gemerkt wie wunderbar ich den Umgang mit Kiddies einfach finde und wie gut mir das selber auch tut. Dann bin ich einfach in diesem Genre geblieben.

Kinder und Jugendbuchautoren haben gerade in der Coronazeit unter den Beschränkungen zu leiden, weil sie auch stark von den Lesungen – du bist ja Leseweltmeister – leben. Wie bist du damit umgegangen?

Stefan Gemmel: Ich habe regelrecht mit Depressionen zu tun gehabt. Es war wirklich heftig im ersten Lockdown, weil ich mache circa 250 Lesungen im Jahr. Die Kinder merken dir an, dass du es gerne machst. Ich gebe zu die Fahrerei und die Hotelübernachtungen gehen mir auf den Wecker, aber die Lesungen mache ich nach wie vor sehr gerne – und auf einmal war Schluss. Es gab den Lockdown und es ging nichts mehr. Die Schulen waren noch nicht soweit für digitale Formate und deswegen durfte ich wochenlang nicht vor Kindern vorlesen. Mir hat das unendlich gefehlt und dann habe ich durch Zufall in einer Radiosendung einen Satz gehört, der sich mir so eingebrannt hat: „In einer Krise suchen intelligente Menschen nach Lösungen, dumme Menschen suchen nach Schuldigen.“ (…) Ich habe mir daraufhin die ganzen Verordnungen angeschaut, mit Schulen telefoniert, und war auch zu dem Zeitpunkt mal in der Kirche, als Gottesdienste wieder erlaubt waren, und habe mir das angeschaut. (…) Die Arbeit an diesem Konzept hat mir so unendlich gutgetan. Dann habe ich es, nachdem ich es selbst ausprobiert habe, auf meine Internetseite gestellt und habe es über Verlage und Verbände – den Verband Deutscher Schriftsteller, PEN Verband – bekannt machen lassen und ganz liebe Grüße von Kollegen bekommen, die nach diesem Konzept dann auch in die Schulen gegangen sind. (…)

Gehst du gut mit Kritik um?

Stefan Gemmel: Eigentlich nicht (lacht). Die Rezensionen schaue ich mir an bis der erste meckert und dann höre ich auf. Dann beschäftigt mich das tagelang. Ich habe mir tatsächlich abgewöhnt die Rezensionen alle zu lesen.

Ich gucke immer mal wieder rein. Es ist wie du sagst: 100 gute und 1 schlechte, dennoch nimmt man sich die eine zu Herzen.

Stefan Gemmel: Ja, und ehrlich gesagt, ist es wirklich unfair. Deswegen tun die Lesungen auch gut, weil wenn Kinder sagen: „Das war jetzt nicht was ich erhofft habe.“ Kann man sofort fragen: „Warum denn? Was hast du gedacht?“

Hast du eine Lektorin/einen Lektoren der dir im Text rumschmiert?

Stefan Gemmel: Ja. Meine Manuskripte kommen zurück wie meine Aufsätze früher in der Schule. Rot. Also man muss die Buchstaben wirklich suchen zwischen den roten Anmerkungen. Was mir anfangs komisch vorkam, aber mittlerweile weiß ich – und sage den Kindern auch immer: nur an einem guten Text lohnt es sich zu arbeiten. Das ist ja nicht nur Gemecker. Ich habe wundervolle Lektorinnen mit denen man wunderbar arbeiten kann, und die selbst auch nochmal Ideen haben, weil sie von außen auf den Text schauen. (…)