Was die erneute Mindestlohnerhöhung für uns bedeutet

Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland stieg zum 1. Januar 2022 von 9,60 Euro auf 9,82 Euro. Das sieht die Dritte Mindestlohnanpassungsverordnung so vor. Laut Koalitionsvertrag soll der Mindestlohn sogar schnellstmöglich auf 12 Euro erhöht werden. Doch was bedeutet das konkret für die Arbeitnehmer unter uns?

In Deutschland gibt es seit dem 1. Januar 2015 einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn, der als unterste Lohngrenze für nahezu alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt. Ausgenommen sind nur wenige Personengruppen wie Auszubildende, Langzeitarbeitslose oder teilweise Praktikanten. Bei der Einführung 2015 lag der gesetzliche Mindestlohn noch bei 8,50 Euro brutto pro Stunde, seit 1. Januar 2022 bei 9,82 Euro und zum 1. Juli 2022 soll er noch einmal auf 10,45 Euro steigen.

Woran wird die Grenze festgesetzt?

Bei der Festsetzung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns orientierte sich die Mindestlohnkommission an der Tarifentwicklung der jüngeren Vergangenheit und berücksichtigte aktuelle Wirtschaftsprognosen sowie die derzeitige Beschäftigungs- und Wettbewerbssituation. Die Mindestlohnkommission, die frei von politischer Einflussnahme entscheiden soll, legt die Höhe alle zwei Jahre neu fest. Außer dem Vorsitzenden gehören diesem Gremium je drei Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeber sowie zwei beratende Wissenschaftler an. Der Vorschlag der Mindestlohnkommission wird dann von der Regierung durch Verordnung verbindlich festgelegt.

Wozu ist ein Mindestlohn gut?

Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmer (außer für Langzeitarbeitslose nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten) und soll zu fairen und funktionierenden Wettbewerbsbedingungen beitragen, indem eine Lohnuntergrenze einem Verdrängungswettbewerb durch niedrigste Arbeitsentgelte entgegenwirkt. In mehreren Branchen gibt es jedoch daneben tarifliche Mindestlöhne, die über der gesetzlichen Lohnuntergrenze liegen. Für Unternehmen bedeutet ein höherer gesetzlicher Mindestlohn steigende Lohn- und damit Produktionskosten. Die bisherigen Erfahrungen zeigen jedoch, dass es den Betrieben überwiegend gelungen ist, sich an das höhere Lohnkostenniveau anzupassen und dass dadurch keine grundsätzlich nachteiligen Wirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Wettbewerbssituation entstanden sind.

Mindestlohn im Ampel-Koalitionsvertrag

Bereits Bundesarbeitsminister Heil ging der Anstieg des Mindestlohns nicht schnell genug. Er plante daher ein zusätzliches Kriterium für die Mindestlohnfestlegung einzuführen. Um schnell einen Mindestlohn von 12 Euro zu erreichen, so wie es der jetzige Koalitionsvertrag vorsieht, sollte sich die Mindestlohnkommission ab 2022 am mittleren Lohn in Deutschland orientieren und nicht allein an der zurückliegenden Tariflohnentwicklung. Zu einer Gesetzesänderung kam es letztlich nicht. Dabei war das eines der Wahlversprechen von SPD und Grünen: Der Mindestlohn soll in einem einmaligen Schritt auf 12 Euro erhöht und gleichzeitig der Minijob mit seiner bisher geltenden 450 Euro Grenze an den Mindestlohn angepasst werden. Somit wird der dann künftig zum 520 Euro Job.

Parallel arbeitet auch die EU-Kommission derzeit an einem rechtlichen Rahmen für europäische Mindestlöhne.

Konkretes Rechenbeispiel

Formel: Stundenlohn = (monatliches Bruttogehalt x 3 Monaten) / 13 (Wochen)/ wöchentliche Arbeitszeit

Bruttogehalt: 1800 Euro

Arbeitszeit: 40 Arbeitsstunden

1800 Euro x 3= 5400

5400/13= 415,38

415,38/40= 10,38

Noch wäre dieser im Beispiel angegebene Stundenlohn möglich, ab 1. Juli läge dieser jedoch unter dem zulässigen Mindeststundenlohn!

Kritik am geforderten Mindestlohn der Regierung

Vertreter von Arbeitgeberverbänden kritisieren, dass die Koalition plane, die Mindestlohnkommission nicht in den Abstimmungsprozess miteinzubeziehen, sondern die Entscheidung den Politikerinnen und Politikern zu überlassen. „So wie es im Moment von der Bundesregierung beabsichtigt wird, halte ich es für eine grobe Verletzung der Tarifautonomie“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger gegenüber der Deutschen Presse Agentur in Berlin (dpa). Denn: „Die Mindestlohnkommission ist der Wächter des Mindestlohns und nicht die Politik.“ Die Arbeitgeber würden ein juristisches Vorgehen gegen das angekündigte Gesetz einleiten, sollte die Mindestlohnkommission bei der Entscheidung ausgeschlossen werden. Auch die Höhe des Mindestlohns von 12 Euro stelle einige Arbeitgeber vor eine Herausforderung. Negative Aspekte, die mit dem Mindestlohn in Verbindung stehen, lassen sich vor allem in der Gastronomie verzeichnen. So sind Arbeitgeber gezwungen dadurch Mitarbeiter zu entlassen und die Preise für Speisen zu erhöhen, um der Lohnuntergrenze gerecht zu werden. Da zu hohe Preise wiederum die Gäste vertreiben, sind es insbesondere die Arbeitnehmer, die darunter zu leiden haben. Auf der anderen Seite können viele Minijobs damit in feste Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden.

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