Da wird keine Basta-Politik betrieben.“

Anlässlich der Pressekonferenz im Schloss Engers, in der dieses als musikalisches Zentrum vorgestellt wurde, haben wir die rheinland-pfälzische Ministerin für Familie, Frauen, Kultur und Integration, Katharina Binz, getroffen und mit ihr gesprochen, unter anderem über ihren Weg in die Politik, worüber sie stolz auf Rheinland-Pfalz ist und weshalb Frauen anders Politik betreiben als Männer.

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Als Sie sich entschieden haben, in der Politik tätig zu werden, was war da für Sie die Initialzündung in Ihrem Leben?

Es war nie der Weg vorgezeichnet in die hauptamtliche Politik. Aber ich war schon in meiner Jugend immer politisch interessiert. Themen wie Atomkraft, aber auch Vielfalt in der Gesellschaft, haben mich immer sehr interessiert. Zum ersten Mal aktiv geworden bin ich in der Schule, als der Irak-Krieg ausgebrochen ist 2003. Da bin ich mit vielen Schulkameradinnen  und -kameraden auf die Straße gegangen und habe protestiert. Und dann im Studium war es eher die Bildungspolitik. Mich hat es schon immer umgetrieben, wie ungerecht an vielen Stellen Bildungspolitik in Deutschland damals noch war – und wie schwer es manche Menschen hatten, Bildung zu bekommen und gute Bildungsabschlüsse zu erhalten.

Warum konnte es Ihrer Meinung nur die Partei sein, der Sie auch heute angehören?

Das hat sich so ergeben. Das wäre zu anderen Zeiten vielleicht auch eine andere Partei gewesen. Aber tatsächlich war es am Ende die Bundestagswahl 2005. Wenn man sich erinnert, die ist ja vorgezogen worden. Gerhard Schröder hat die Vertrauensfrage gestellt. Und es sah nicht gut aus für die damalige Regierung. Es sah vor allem auch nicht gut aus für die Grüne Regierungspartei. Ich habe mich damals sehr über Gerhard Schröder geärgert und habe gesagt: Jetzt erst recht! Dann bin ich zu den Grünen gegangen, um sie zu unterstützen.

Corona, Flut im Ahrtal, der Ukraine Krieg. Kommt man bei all diesen Krisen-Belastungen überhaupt noch dazu, das tägliche Brot des Politikers, also die Alltagspolitik, noch ausreichend betreiben zu können?

Ja, das muss einfach so sein. Es ist gerade für alle in der Politik, egal ob auf Kommunal-, Landes- oder Bundesebene, eine große Herausforderung in den sich überlagernden Krisen klarzukommen und es auch zu managen. Aber natürlich läuft das Tagesgeschäft  weiter. Das muss auch so sein. Die Bürger haben Anspruch darauf, dass einfach gut regiert wird – und auch die Probleme angepackt werden. Aber klar ist das eine große Herausforderung, vor allem auch für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien und in den Verwaltungen eine große Arbeitsbelastung.

Was die Ukraine angeht. Wir haben vielen Menschen hier sehr effektiv und aktiv geholfen. Kann man zu recht auf das Land Rheinland-Pfalz stolz sein?

Also ich bin sehr sehr stolz auf das, was uns gelungen ist bislang. Wir haben immerhin 45.000 Menschen aus der Ukraine hier aufgenommen. Wir haben von Anfang an eine riesengroße Welle der Hilfsbereitschaft gesehen – von Bürgerinnen und Bürgern, von Städten und Gemeinden. Von ganz vielen, die gesagt haben: Natürlich helfen wir! Nach wie vor fahren Hilfstrucks in die Ukraine und bringen dort Hilfsgüter hin. Ich glaube, da kann man schon sehr stolz drauf sein, dass es uns so gut gelungen ist, die Menschen hier aufzunehmen.

Kleiner Themensprung: Die Politik in Deutschland ist noch sehr von Männern besetzt. Wo liegen da die Gründe und was müsste da Ihrer Meinung noch zu ändern sein?

Wir sind da in Rheinland-Pfalz ja eine gute Ausnahme. Ich glaube, wir sind die weiblichste Landesregierung Deutschlands.

Nein, Berlin.

Ja, aber wir haben schon seit ein paar Jahren mehr Frauen als Männer in der Landesregierung. Das merkt man dann einfach auch in der Zusammenarbeit. Da wird einfach ein anderer Stil gepflegt: Eher diskursiv, zusammen, dialogorientiert. Da wird keine Basta-Politik betrieben. Ich glaube, das ist auch etwas, dass es braucht, damit Frauen das Gefühl haben: Es lohnt sich auch in die Politik zu gehen. Es ist nicht so, dass Frauen das Gefühl haben, sie können das nicht. Sondern sie fragen sich ganz oft: Muss ich dafür jetzt meine Zeit verwenden? Um am Ende dann nichts zu erreichen. Deswegen ist dieser Kulturwechsel in der Politik ganz wichtig. Wir werden das auch nächstes Jahr breit thematisieren. Übernächstes Jahr steht ja die nächste Kommunalwahl in Rheinland-Pfalz an. Auch in den Kommunen haben wir noch viel zu wenig Frauen, die Verantwortung übernehmen. (…)

Vielen Dank, Katharina Binz und vielen Dank Johannes Fischer, der das Interview in unserem Auftrag führte.

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