„Sprache ist vor allem auch eine auditive Sache.“

Im Rahmen seines Programms bei „Komplexe Väter“ im Schlosstheater Neuwied haben wir uns mit dem Kult-Kabarettisten Jochen Busse getroffen und uns mit ihm ausgiebig unterhalten. Wir sprachen unter anderem über seine TV- und Bühnen-Formate, sein Talent Sprache so hervorragend zu nutzen und was die Befreiungskriege von Napoleon mit der Kultur in Deutschland zu tun haben. Das komplette Video-Interview könnt ihr euch auch online auf www.magazin-next.de/jochen-busse oder auf unseren sozialen Kanälen anschauen.

Was war für Sie die herausragendste Zeiten des Kabarett in Deutschland und die Sie in liebster Erinnerung haben?

Das waren schon die 10 Jahre in der Münchner Lach- und Schießgesellschaft von 1981 bis 1991. Das war einfach aufgrund der Tatsache, dass dort so viele Köpfe zusammenkamen. Es gab eben diese Verschiedenartigkeit der Herkunft künstlerischer Natur. Es waren auch Journalisten, Juristen, Schriftsteller, Musiker und Schauspieler da. Und diese Mischung war schon grade in dem Haus besonders. Vorher im Rationaltheater war es deswegen so spannend, weil wir als wir keine Vorstellungen mehr hatten ins Lokal weitergingen und es war ein Nest von Schriftstellern. Ich habe unter anderem Hans Walter und Günther Grass dort kennengelernt. Aber das war noch nicht die Zeit in der ich mitreden konnte. In der Langerista konnte ich mich dann beteiligen. Und das war besonders schön und auch sehr erfolgreich.

Und mit hoher Qualität. Sie konnten dem eigenen Qualitätsanspruch gerecht werden?

Ja, das konnte man. Es waren sehr gute Partner da. Es war ein sehr gutes Textmaterial und es war eine sehr freundschaftliche Atmosphäre, die Sammy Drexel da geprägt hat und sie auch immer aufrecht erhielt. Es war ein sehr geschickter Theaterleiter. 

Wann wurden Sie sich bewusst welche Macht die Sprache hat und dass Sie darüber so herrlich verfügen können?

Das ging ganz früh los. Ich war als Junge schon relativ eloquent und wusste auch mit dieser deutschen Sprache umzugehen.  Und das aus dem Sauerland kommend, beziehungsweise nahe am Ruhrgebiet, wo die deutsche Sprache nicht gerade gepflegt wird. Da wurde mir schon klar, dass das eine Qualität von mir ist und dass ich mir das auch erhalten würde. Und das schaffe ich auch – wie ich immer wieder sage – durch lautes Lesen. Also ich lese jetzt gerade das neueste Buch von Houellebecq, was nicht ganz leicht laut zu lesen ist. Aber ich lese es laut und habe dadurch eine ganz besondere Freude daran. Sprache ist schon auch eine auditive Sache. Das kann man nicht nur schreiben, das muss man schon auch sprechen und das muss man dann auch hören. Und das muss dann Rhythmus und Klang haben. Daran erkennt man auch einen Schauspieler, der also wirklich mit den Worten nicht nur in ihrer Bedeutung, sondern auch mit deren Klang umgehen kann. Mehrfach also, wie das unser Gesundheitsminister macht ist für mich störend. Und das macht auch vieles inhaltlich kaputt.

Ich erinnere mich auch an eine andere Serie. Das Amt haben Sie gemacht…

Ja, Das Amt war eine andere Geschichte. Das ist für mich geschrieben worden und der Autor Dr. Dietmar Jacobs hat damals begonnen zu schreiben und konnte es auf Anhieb. Ich fand das prima zu machen. Es war mir ja auf den Leib geschrieben. Und das ist schon eine glückliche Sache, wenn man so etwas machen darf und auch unterstützt wird. Das Pech war eben nur, dass wir nur 7 Folgen machen durften, weil der Programmdirektor glaubte, Komödien dieser Art gehen nicht. Aber es war gleich so ein Erfolg, dass man sie dann nochmal wiederholt hat. 13 wären besser gewesen…Dietmar Jacobs ist heute einer der erfolgreichsten Kabarett-Autoren. Er hat viele Stücke auch für mich geschrieben. Als Das Amt vorbei war, hat er mich gefragt: was machen wir denn jetzt? Und ich habe gesagt: Jetzt machen wir Theater – und dann ist er eben Theaterautor geworden.  Das ist auch toll, wenn man so jemanden in der Karriere assistieren kann.

Wie hat sich die Kultur durch die Pandemie verändert?

Das ist eine tiefgreifende Frage. Weil sich die Veränderung noch nicht abzusehen ist. Ich befürchte, dass der Teil des Theaters, den ich mache, der ja auch zum Unterhaltsbereich zählt, dass da viele Leute die ein Abo haben und dies jetzt über längere Zeit nicht nutzen konnten und merkten, es ist ja nicht immer so lustig, da können wir jetzt auch drauf verzichten. Der Mensch muss ja auch zu seinem Glück getrieben werden. Das ist nunmal so. Und da er nie vorher weiß, lohnt es sich, ist er zweifelnd. Und zwei Stunden sitzen und grade aus gucken und um Dunkeln zu sein, nicht essen zu dürfen, nicht reden zu dürfen, ist ja auch ne Auflage. Das ist in der heutigen Zeit, wo man gerne ins Handy guckt und Kontakte hat, nicht so einfach. Der Nachwuchs, der nicht so daran gewöhnt ist ins Theater zu gehen, findet da ja auch viel andere Anregungen… Es ist also gar nicht so einfach etwas, was mal so durchbrochen ist von einer Pandemie, wieder ins Leben zu rufen. Das sehe ich schon als Spätfolge. Das wird auch noch eine Weile dauern. (…)

Vielen Dank, Jochen Busse, vielen Dank Johannes Fischer, die das Interview in unserem Auftrag führte.